Wir haben in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch das Amtsgericht eingefärbt und Parolen hinterlassen. Warum? Weil gestern der Prozess gegen einen Genossen und ehemaligen Anwohner der Wilhelm-Raabe Straße vor dem Amtsgericht Stuttgart statfand. Vor einem Jahr wurde die Wilhem-Raabe-Str. 4 besetzt und als direkter Nachbar, hatte der Genosse sich natürlich mit der Besetzung solidarisiert. Für seine Solidarität, wurde er nun wegen einer lächerlichen Beleidigung zu einer 2-monatigen Haftstrafe auf 3 Jahre Bewährung verurteilt. Doch von Anfang an: Direkt nach der Räumung war er – mit seinem schlafenden Kind auf dem Arm – auf dem Weg nach Hause. Kaum war er im Hausflur wurde er von zwei Polizisten angegangen. Sie forderten ihn forsch, seinen Ausweis zu zeigen und bedrängten ihn dabei so lange, bis das Kind schließlich verschreckt aufwachte.
Der gestrige Prozess reiht sich in die umfassende Kriminalisierung des Widerstandes gegen den Mietenwahnsinn ein. Die staatliche Justiz geht also (mal wieder) gegen Aktivistinnen und alle, die sich mit ihnen solidarisieren, rigoros vor. Nachdem schon einige BesetzerInnen belangt wurden, wurde nun unser Genosse als solidarischer Nachbar der Besetzung verurteilt und es steht noch eine Räumungsklage gegen eine Familie von Bewohnerinnen der Wilhelm-Raabe-Straße bevor.
Gleichzeitig wurde eine Anzeige gegen die zwei Polizisten, die den Vater und seinen Sohn im Treppenaufgang angriffen, in keinster Weise von der Staatsanwaltschaft verfolgt. Keine Seltenheit, sondern vielmehr Teil der allzu bekannten Klassenjustiz. Der deutsche Staat, Justiz und Polizei hält damit einmal mehr seine schützende Hand über die Kapitalinteressen und die existierenden Eigentumsverhältnisse. Die explodierenden Mieten sind nur ein weiterer Ausdruck dafür, dass eine herrschende kleine Minderheit in den momentanen Verhältnissen gegen die Interessen der Mehrheit agieren und der Profit an erster Stelle steht. Die Folge solcher Aufwertungs- und Gentrifizierungspolitik sind Verdrängung und Räumungen auf Kosten derjenigen, die diese Stadt bewohnen sollten. Gewinner sind diejenigen, die sich mit Immobilien eine goldene Nase verdienen – unter dem Schutz der hiesigen Justiz.
Das wir den Zustand nicht einfach so hinnehmen, zeigen wir durch Besetzung, indem wir uns nehmen was uns zusteht, aber auch indem wir Polizeigewalt und Gegenangriffe der Justiz nicht unbeantwortet lassen.
Informationen zu den ganzen Ereignissen rund um die Wilhelm-Raabe-Str. 4 findet sich auf der Website von dem BesetzerInnenkollektiv:
www.leerstand-beleben.tk