Folgend ein Bericht von der 1. Mai Demo in Waiblingen auf de.indymedia:
Wie in der ganzen Bundesrepublik wurde auch in Waiblingen die traditionelle 1.-Mai-Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes abgesagt. Das stieß bei vielen auf Unverständnis, denn die gesellschaftlichen Widersprüche pausieren in Corona-Zeiten natürlich nicht und es gibt durchaus die Möglichkeit, eine Demonstration so durchzuführen, dass kein Infektionsrisiko besteht. Deshalb haben sich im Rems-Murr-Kreis linke GewerkschafterInnen und politische AktivistInnen zusammen getan und eine erste Mai Demonstration organisiert. Diese wurde im Vorfeld mit Flugblättern, Betriebsverteilungen, Plakaten und einer kleinen Mobilisierungskundgebung beworben. Auch einige Graffiti im Waiblinger Stadtbild riefen zur Teilnahme auf. Die bundesweite Kampange #nichtaufunseremrücken fand so auch im Rems-Murr-Kreis ihren Ausdruck. Ein Video zum ersten Mai mit einigen Auschnitten der gehaltenen Reden, findet ihr auf Youtube.
Als sich die Teilnehmenden um 10 Uhr am Stihl Werk 6 in Waiblingen sammelten, waren schon einige Streifenwagen der Bullen vor Ort. In dieser Anzahl ein ungewöhnliches Aufgebot für den ersten Mai in Waiblingen. Das Spektrum der DemonstrantInnen, deren Zahl nach kurzer Zeit auf 100 TeilnehmerInnen anwuchs, war erfreulicherweise sehr breit: Aktive DGB-Gewerkschafterinnen, Antifas, DKP, Linksjugend Solid und KollegInnen aus verschiedenen Betrieben, vor allem von Bosch, welche auch ihre Familien mitbrachten. Alle trugen Mundschutz, viele einheitliche rote Tücher, die vor Beginn der Demo verteilt wurden und hielten den gebotenen Abstand ein um das Indektionsrisiko zu minimieren. Hervorzuheben ist, dass nur wenige male auf die Maßnahmen zu Ansteckungsvermeidung hingewiesen werden musste, die Teilnehmenden setzten sie selbständig und diszipliniert um. Ein Transparent “Corona-Krise? #nichtaufunseremrücken” und ein Hochtransparent mit der Losung “Kapitalismus macht uns krank. Sozialismus erkämpfen!” und einem großen Hammer und Sichel Symbol rundeten den organisierten Eindruck der Veranstaltung ab.
Nach einer kurzen Begrüßungsrede setzte sich eine unangemeldete Demonstration in Gang. Die Bullen wollten das zwar verhindern, aber schnell wurde klar, dass sich die TeilnehmerInnen ihr Demonstrationsrecht nehmen und dafür keine Anmeldung brauchen. Im weiteren Verlauf der Demo wollten die „Ordnungshüter“ immer wieder den Zug abdrängen, was es erschwerte, den gebotenen Sicherheitsabstand einzuhalten. Als wir einen entgegenkommenden Bus umliefen, konnten wir die Bullen für kurze Zeit abschütteln. Trotzdem lief die Demonstration bis zur Abschlusskundgebung selbstbestimmt und ohne negative Zwischenfälle.
Als auf dem Weg in die Innenstadt die Niederlasung des Arbeitgeberverbandes Südwestemetall passiert wurde, bauten AktivistInnen in einer koordinierten Aktion einen Zaun auf und brachten diesen vor der Auffahrt von Südwestmetall an. Ein Transparent mit der Aufschrift “Kapitalisten unter Quarantäne” und eine kurze Moderation erklärten den Hintergrund der Aktion: Die Arbeitgeber spielen sich in der jetzigen Situation mit einer aufwendigen Kampange als Corona-Helden auf. In Wahrheit stellen sie allerdings eine große Gefahr für alle Kolleginnen und Kollegen dar. Sie sind für jeden Neuinfizierten am Arbeitsplatz verantwortlich, sie sind es, die unsere Zukunft für ihre Profite aufs Spiel setzen und die von ihnen verursachte, sich ankündigende Wirtschaftskrise auf unseren Rücken abwälzen wollen. Die Bullen waren von der Aktion extrem überrascht und standen die ganze Zeit über nur dumm am Rand rum.
Der nächste Zwischenstopp wurde bei dem Büro der Grünen eingelegt. Hier wurden Schilder mit der Aufschrift “Freiheitsrechte waren uns schon vor Corona egal” an die Fensterscheibe geklebt und Wandzeitungen der Perspektive Kommunismus zu Freiheitsrechten befestigt. So wurde klar gemacht, dass die Grünen als regierende liberale “Bürgerrechtspartei” schon vor Corona bereit waren, alle “Bürgerrechte” zu entsorgen und auch in der jetzigen Lage Befürworter und Umsetzer freiheitsfeindlicher Maßnahmen sind. In einem kurzen Redebeitrag wurde erkärt, dass die Grünen schon sehr lange keine linke Partei mehr sind und wir ihre Lügen vor unserer Klasse entlarven müssen.
Die zunehmend nervöser werdenden Bullen positionierten sich danach schnell vor dem unweit entferneten CDU-Büro. Sie mussten allerdings feststellen, das die Aktion, die sie verhindern wollten, anscheinend schon in der Nacht vorher stattgefunden hatte: Das Schild der CDU wurde mit einem „Geschlossen“-Schriftzug überklebt. Ein anderes Plakat forderte ein „ArbeiterInnen Gesundheitszentrum“ anstelle des Parteibüros. Im dazu passenden Redebeitrag wurde daran erinnert, dass die CDU mitverantwortlich für die Zentralisierung der Rems-Murr-Kliniken war. Die Krankenhäuser in Waiblingen und Backnang wurden mit der Begründung geschlossen, in Winnenden gebe es ja ein gut ausgerüstestes Krankenhaus. Das Argument, dass lange Anfahrtswege ein Problem für die medizinische Versorgung darstellen, wurde ignoriert. In Anbetracht dessen, dass es in Stuttgart eine gut ausgestattete CDU-Zentrale gibt, hielten die DemonstrantInenn das CDU-Büro in Waiblingen für nicht mehr notwendig und die Eröffnung einer sinnvolleren Einrichtung für einen Grund der Freude. Um das zu unterstreichen, wurden Konfetti-Kanonen abgefeuert, die die Stimmung der Demo nochmal anhoben.
Danach ging es durch die Innenstadt zur Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz. Hier konnten erfreulicherweise noch einmal Waiblinger PassantInnen erreicht werden. Auf dem Marktplatz wurde sich aufgestellt und verschiedene Reden gehalten. Ein langjähriger Gewerkschaftskollege sagte, ihm „blute das Herz“ wenn Demos zum ersten Mai abgesagt werden und unterstrich die Wichtigkeit auch in diesen Zeiten weiter zu kämpfen. Die letzte Rede, die ihr unten angehängt findet, ging auf die Notwendigkeit einer sozialistischen Revolution ein, um unsere Klasseninteressen wirklich durchzusetzten.
Zu guter Letzt ging es für einen Großteil der Teilnehmenden noch vor das IG Metall Haus. Dort wurde nach einer kämpferischen Ansprache eines Kollegen ein Solidbild für die kämpfende Voith Belegschaft. Ein Transparent, rote Fahnen und zwei Rauchtöpfe sorgten für einen kämpferischen Tagesabschluss. Nähere Infos zur Situation der Kolleginnen im Allgäu findet ihr auf der Website der IG Metall.
Der aktionsreiche Tag hat bewiesen, dass wir in der Lage sind auch in dieser historisch wohl einzigartigen Situation handlungsfähig zu bleiben. Wir sind der Überzeugung, dass wir gerade jetzt und in Anbetracht der sich zuspitzenden Klassenwidersprüche als KommunistInnen präsent und in der Klasse und den Einheitsgewerkschaften als aktiver und voranschreitender Akteur wahrnehmbar sein müssen. Die Tatsache, dass es gelang so viele Menschen ohne „offiziellen“ DGB-Aufruf auf die Straße zu bringen und die positiven Rückmeldungen bestätigen uns darin, auch in Zukunft unsere Politik an den Interessen unserer Klasse auszurichten und nicht zu verstecken, dass wir revolutionäre KommunistInnen sind. Der Kapitalismus bietet dem Proletariat keine Perspektive – lasst uns die Perspektive der Organisierung, des Klassenkampfes und der Solidarität stärken.
FÜR DEN KOMMUNISMUS!
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