Massenprozesse, Haftstrafen, §129-Verfahren – in der Krise intensiviert der Staat die Repression gegen (revolutionäre) Linke. Dabei ist die Kriminalisierung revolutionärer Organisationen auch ein Angriff auf die Perspektive einer Alternative zum Kapitalismus. Die Antwort der revolutionären Linken darf nicht weniger, sondern muss mehr Organisation sein. Legalität und Illegalität sind dabei lediglich unterschiedliche Bedingungen.

Am 28. August frühmorgens stürmte die Polizei 28 Wohnungen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und NRW. Ziel waren vermeintliche Mitglieder des Roten Aufbau Hamburg. Sie sollen eine kriminelle bzw. terroristische Vereinigung nach den Paragraphen 129 bzw. 129a gebildet haben. Konkret wird ihnen u.a. vorgeworfen, Videos auf denen politische Parolen gesprüht wurden, verbreitet zu haben. Den „terroristischen“ Charakter der Organisation soll auch ein Aufkleber belegen, der einen Ausschnitt der Proteste in Frankreich gegen das neoliberale, neue Arbeitszeitgesetz der Regierung Macron zeigt, sowie das Bekenntnis zum „Klassenhass“. Neben ähnlichen Bagatell-Delikten, wird drei Genossen außerdem vorgeworfen, in einer nicht näher beschriebenen Weise an einem Brandanschlag auf das Auto eines führenden Hamburger Polizisten beteiligt gewesen zu sein. Die angeblich belastenden Indizien dazu sind der Polizei allerdings schon über drei Jahre bekannt und wurden sogar schon in einer ZDF-Fernsehshow so dramatisierend, wie ergebnislos ausgebreitet. Zu einem Prozess hat dies in den letzten Jahren nicht gereicht und wird es wohl auch in Zukunft nicht.
Vieles deutet darauf hin, dass das aktuelle §129-Ermittlungsverfahren in Hamburg, wie in den meisten bisherigen Fällen, vor allem der Einschüchterung und der Ausspähung linker Strukturen dient und letztlich im Sande verlaufen wird. Also ein Schlag ins Wasser, nach dem jetzt wieder „buisness as usual“ angesagt ist? Wir denken der aktuelle Angriff muss Anlass sein, die Entwicklung der Repression zu analylsieren und muss Auswirkungen auf unser Verständis von Organisierung haben.

Die Repressionschraube zieht an

Unabhängig vom genauen Ausgang des Verfahrens, markiert der Schlag gegen den Roten Aufbau, einen vorläufigen Höhepunkt in der repressiven Entwicklung der letzten Jahre. Im Vergleich der letzten zwei bis drei Jahrzehnte hat die Repression in etwa seit dem G20-Gipfel 2017 in Ausmaß und Qualität eine neue Stufe erreicht: Juristisch u.a. durch den sogennanten „Bullenschubsparagraphen §114“ der extra für die Proteste gegen den G20 eingeführt wurde und jede Rangelei mit der Polizei gleich mit Haftstrafen bedroht, sowie die Verschärfung zahlreicher Landespolizeigesetze. Dazu kommen regelmäßig erweiterte Befugnisse für die Geheimdienste.
Wo AktivistInnen früher oft „nur“ verprügelt wurden, wenn sie sich beispielsweise faschistischen Aufmärschen in den Weg stellten, gibt’s seit einigen Jahren fast schon obligatorisch Anzeigen, Geld- oder Haftstrafen zu den Blessuren dazu.

Waren inhaftierte Linke, die keine Geschichte in bewaffneten Organisationen hatten, Mitte der Nullerjahre noch eher die Ausnahme, so hat sich auch das geändert: Ausgedehnte U-Haft oder zumindest erstinstanzliche Verurteilungen ohne Bewährung, sind für immer mehr AktivistInnen in den letzten Jahren Realität geworden. Aktuell sind aus der deutschen Linken vor allem Aktive aus der Umwelt- und Antifa-Bewegung betroffen. Wobei den größten Anteil politischer Gefangener in der BRD seit Jahren konstant kurdische und türkische Linke stellen.
Auch die Ermittlungen nach §129(a) sind keine Seltenheit mehr. Aktuell laufen neben dem Verfahren gegen den Roten Aufbau Hamburg, ein weiteres in Frankfurt, eines in Berlin und mindestens eines in Leipzig gegen die Antifaschistin Lina.

Dabei ist diese Verschärfung der Repression nicht etwa Antwort auf eine entschlossenere und militanter auftretende Linke. Denn auch wenn der VS-Präsident Haldenwang, genau wie sein inzwischen offen in rechten Kreisen auftretender Vorgänger Maaßen, regelmäßig von der „gestiegenen linken Gewaltbereitschaft“ schwadroniert, ist eher das Gegenteil der Fall: Proteste mit Straßenschlachten, sowie gezielte Kommandomilitanz haben in den letzten Jahrzehnten sowohl was Intensität, als auch Häufigkeit angeht abgenommen.

Nein, die Repression gegen Linke nimmt zu, während die in weiten Teilen faschistische AfD, meist stabil zweistellig in allen wichtigen Parlamenten sitzt. Während fast täglich rechte Chat-Gruppen bei der Polizei oder andere rechte Äußerungen der „Freunde und Helfer“ öffentlich werden. In Zeiten in denen Faschisten aus Armee, Polizei und Geheimdiensten, Munition- und Waffenlager anlegen und Todeslisten ihrer Feinde verfassen. (Und ein Inneminister sich in diesen Kreisen ganz „privat“ eine Waffe besorgt.)

Klassenbewusst durch die Krise: Staat und Kapital

Diese nur scheinbar paradoxe Entwicklung zeigt sich vor dem Hintergund der kapitalistischen Krise als folgerichtig: Seit Jahren wird selbst auf den Wirtschaftsseiten bürgerlicher Zeitungen nur noch über den Zeitpunkt der nächsten großen Wirtschaftskrise spekuliert. Dass sie kommt und der Kapitalismus ständig neue Krisen produziert, darüber gibt es kaum noch ernsthafte Kontroversen. Jetzt, etwa zehn Jahre nach der Finanzkrise, scheinen wir mitten im Beginn des nächsten großen Kriseneinschlags zu stecken. Anders als in den Jahren nach 2009, ist diesmal aber innerhalb der EU nicht hauptsächlich Südeuropa betroffen. Diesmal trifft es auch das Kernland des europäischen Imperialismus: Beinahe täglich werden hierzulande Betriebsschließungen und Massenentlassungen angekündigt. Alleine in der tonangebenden Autoindustrie könnten durch die Umstellung auf Elektro-Mobilität – weil der Kapitalismus, sinkendes Arbeitsvolumen nie anders als mit Entlassungen beantworten kann – bis zu 80% aller Arbeitsplätze wegfallen. Welche Dynamik die sich durch die Corona-Pandemie beschleunigende Krise in anderen Bereichen, wie dem Finanzwesen, annehmen wird, ist momentan nur zu erahnen.

Dabei sind diese aktuellen Krisenerscheinungen global betrachtet nur die Spitze des Eisbergs. Der seit 10 Jahren andauernde Krieg im Nahen Osten, die sich kontinuierlich verschärfenden Spannungen der westlichen Imperialisten mit Russland und China und die immer offensichtlichere Klimakatastrophe zeigen, dass das herrschende ökonomische und politische System nur noch in einem permanenten Krisenmodus funktioniert. Krieg, weitere Umweltzerstörung, militärische Abschottung gegen die Menschen die vor den Folgen dieser Politik fliehen müssen und Repression nach innen, werden zunehmend zu den einzigen Perspektiven, die der Kapitalismus der Mehrheit der Menschen noch zu bieten hat.
Im (instinktiven) Bewusstsein, welcher Klasse sie dienen, wissen die Entscheidungsträger im Innenministerium, dass ihnen weder von der AfD, noch von bewaffneten faschistischen Netzwerken substanzielle Gefahr droht. Sicher, einige Eskapaden des rechten Randes werden auch sanktioniert. Im Zweifel – wenn die Krise massenhaften Protest und Widerstand hervorruft – will man auf die systemerhaltenden Dienste der faschistischen Schmuddelkinder, die Proteste in rassistische Bahnen lenken oder Oppositionelle ermorden, aber nicht verzichten.
Die revolutionäre Linke hingegen, ist zwar objektiv schwach und zersplittert. Den durchaus strategisch und klassenbewußt denkenden Repressionsorganen, reicht aber die Möglichkeit, dass durch uns Linke eine sozialistische Perspektive für größere Teile der Klasse wieder greifbarer werden könnte.

Organisierung im Fadenkreuz

Diesen Charakterzug der aktuellen Repression als „präventive Konterrevolution“, belegt auch die Zunahme von staatlichen Angriffen auf legale linke Organisationen. 2017 wurde die Nachrichten- und Diskussionsseite „linksunten.indymedia.org“ verboten. Relativ unverblümt gab der damalige Innenminister de Maizière zu, dass das Verbot eine Antwort auf den entschlossenen Widerstand beim G20-Gipfel in Hamburg war und als eine Art kollektive Strafe für die radikale Linke zu verstehen sei. Ende 2019 wurde dann über den Focus eine Debatte über angebliche Pläne die Rote Hilfe zu verbieten, lanciert. Das Magazin bezog sich dabei unwidersprochen auf „Quellen aus dem Innenministerium“. Und jetzt das 129-Verfahren mit seinen 28 Razzien gegen den Roten Aufbau Hamburg.
Diese Angriffe stechen aus dem generell repressiver werdenden Klima heraus. Nicht nur, dass die letzten vergleichbaren Fälle mit den §129-Ermittlungen gegen die göttinger Autonome Antifa [M] und die Antifa Passau fast 25 Jahre zurückliegen, Polizei und Justiz begeben sich mit Organisations-Verboten und 129-Ermittlungen offen auf politisches Terrain. Zwar ist die Repression unabhängig davon, ob sie Straßenmilitanz oder eine revolutionäre Organisation kriminalisiert politisch, letzteres lässt sich aber auch mit den bürgerlichen Gesetzen deutlich schwerer rechtfertigen. Hier wird offen in angebliche Errungenschaften des Bürgertums und seine Grundrechte eingegriffen: die Freiheit der politischen Kritik und die „Koalitionsfreiheit“.

Dass solche Angriffe dennoch zunehmen, zeigt auch, dass Teilen der Herrschenden durchaus bewusst ist, wie wenig krisenfest ihr System ist und dass die ökonomische Krise immer hartnäckiger durch eine Legitimationskrise ergänzt wird.

Vor allem aber verweisen diese Angriffe auf den letztlichen Zielpunkt jeder staatlichen Repression: auf die Organisation. Denn dort wo Menschen nicht nur von der Überwindung der elenden Verhältnisse reden, sondern sich für den revolutionären Bruch organisieren, entsteht Gegenmacht. Gegenmacht, die zumindest potenziell wachsen, und die bestehende Macht der Herrschenden bedrohen könnte.

Legal, illegal…

Damit wird auch für die deutsche Linke Realität, was schon für Generationen von KommunistInnen vor uns und revolutionäre Bewegungen in anderen Ländern galt und gilt:
In dem Maß, in dem sich die Krise weiter verschärft, es nicht gelingt ihre Folgen sozial-staatlich abzufedern und der Aufbau einer revolutionären Bewegung erfolgreich ist, nimmt die Gefahr von Organisationsverboten zu.
Dieses Dilemma ist Teil der Dialektik im revolutionären Aufbauprozess. Der Versuch, sich vor Repression und Verboten wegzuducken, beschränkt nicht nur den Handlungsradius und die Klarheit der eigenen Politik. Er führt zwangsläufig dazu, die Initiative zu verlieren, zu einem passiven Teil der Entwicklung zu werden.

Ob und wann es zum Verbot kommt, hängt kaum vom konkreten Handeln der betroffenen Organisation ab. Ein Verzicht auf bestimmte Aktionsformen schützt ebensowenig, wie andersherum z.B. die Teilnahme an Straßenkämpfen automatisch zum Verbot führen würde. Auch die KPD wurde 1956 verboten, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt längst keine Selbsschutzstrukturen wie den Roten Frontkämpferbund (RFB) mehr unterhielt. Im Extremfall – im Faschismus – wurden sogar noch die am meisten angepassten, systemtragenden reformistischen Organisationen, die SPD und die Gewerkschaften verboten und verfolgt.

Ausschlaggebend ist vielmehr – neben einer ganzen Reihe anderer Faktoren, auf die wir keinen Einfluss haben – ob es einer Organisation gelingt revolutionäre Gegenmacht zu bündeln – beziehungsweise ob der Gegner in ihr zumindest das Potenzial hierzu erkennt.

Der Verzicht darauf sich verbindlich zu organisieren, löst das Problem selbstredend ebenso wenig: Nur mehr und bessere Organisierung wird die revolutionäre Linke in die Lage versetzen, die weiteren Angriffe des Staates, die mit der Vertiefung der Krise und dem Erstarken des rechten Lagers kommen werden, ins Leere laufen zu lassen oder wenigstens abzufedern. Um dabei sichtbar zu bleiben, Menschen unserer Klasse zu erreichen und einzubinden, sind wir auf Organisierung auf verschiedenen Ebenen angewiesen.

Letztlich können wir uns Legalität oder Illegalität nicht aussuchen. Der bürgerliche Staat bestimmt die Bedingungen unter denen legal oppositionelle Arbeit stattfinden darf und kann sie bei Bedarf auch wieder ändern. Wenn wir unseren eigenen Anspruch ernst nehmen, müssen wir die staatliche Repression beim Aufbau einer revolutionären Bewegung und Organisation mit einkalkulieren. Das heißt, dass bei der Frage nach dem Schutz unserer Strukturen nicht nur die Bedrohung durch die aktuelle Repression ausschlaggebend sein darf, sondern die Möglichkeit staatlicher Angriffe in der Zukunft.

Das ist zu weit hergeholt, zu hypothetisch? – Man stelle sich nur die Auswirkungen einer AfD-Regierungsbeteiligung vor…

Die Frage ob revolutionäre Politik in der Legalität oder in der Illegalität stattzufinden hat, ist nie grundsätzlich zu beantworten. Es gilt Legalität und Illegalität als zwar folgenschwere, aber lediglich temporäre, taktische Entscheidungen für eine bestimmte Situation zu begreifen. Es gibt hier keine generell richtige oder generell falsche Entscheidung. Historisch hat sich gezeigt, dass dies sowohl für die Frage legaler oder illegaler Organisierung, als auch für legale oder illegale Aktionsformen gilt. Es gibt nur Organisations- und Aktionsformen die der Situation angepasst sind und solche die es nicht sind.

Um sich diese Entscheidung wirklich offen zu halten, gilt es unter anderem schon jetzt den Repressionsorganen so wenig Einblick wie möglich in die Strukturen der radikalen und revolutionären Linken zu ermöglichen. Eine permanente Beschäftigung mit z.B. den historischen Erfahrungen des illegalen Widerstands gegen den deutschen Faschismus oder den aktuellen der RevolutionärInnen in der Türkei und Kurdistan, hilft ebenfalls sich in dieser Frage echte Flexibilität zu erhalten.

Gleichzeitig dürfen wir den legalen Raum und die Frage was alles diesen umfasst nicht dem Gegner überlassen: Die Versuche der letzten Jahre das Versammlungsrecht einzuschränken, beziehungsweise wie im Rondenbarg-Prozess eine juristische Interpretation durchzusetzen die jede Form des entschlossenen Auftritts auf der Straße kriminalisiert, müssen wir politisch genauso bekämpfen wie die Umformung der Polizei zur mit geheimdienstlichen und militärischen Mitteln ausgestatteten Bürgerkriegsarmee.

Insgesamt sind Kämpfe die in weitgehend legalen Formen stattfinden, der aktuell größte und wichtigste Teil revolutionärer Politik. Diese Formen entsprechen dem momentanen Niveau der Auseinandersetzung und letztlich des Klassenkampfs.

Deshalb geht es uns natürlich darum, sie soweit wie möglich auszuschöpfen, zu verteidigen und zu erweitern. Und das obwohl diese Freiheiten für sich betrachtet allesamt ein Teil der kapitalistischen Herrschaft bleiben. Inwieweit sie aber gleichzeitig Teile im Aufbau einer revolutionären Gegenmacht sein können, hängt davon ab, was wir aus ihnen machen: Es ist beispielsweise ein großer Unterschied, eine angemeldete Demo als Raum zu verstehen, der mit kämpferischen Aktionen nach außen wirkt, der gemeinsam gestaltet und verteidigt wird oder als Versammlung nach Auflagenbescheid mit OrdnerInnen als Hilfsbullen. Es geht nicht allein um diesen oder jenen Paragraphen und darum wie er ausgelegt wird, es geht um ein Kräfteverhältnis im Kampf gegen den bürgerlichen Staat, [das wir schon jetzt, unseren bescheidenen Möglichkeiten entsprechend, mitgestalten können und sollten. ]

Solidarität

Die drängende Aufgabe ist es jetzt in diesem Sinne auf den Vorstoß gegen den Roten Aufbau Hamburg zu reagieren. So konkret und grundsätzlich wie dieser und jeder andere Schlag gegen unsere Seite ist, so konkret und grundsätzlich muss auch die Erwiderung der revolutionären und radikalen Linken sein. Das heißt: Solidarität mit dem Roten Aufbau nicht nur als pro-forma Tweet oder abstrahiert von der angegriffenen Struktur, sondern als Standpunkt, der auf die Straße getragen wird, mit dem sichtbar wird, dass wir zusammenstehen und derartige Verbote nicht akzeptieren. Wenn unsere gemeinsame Antwort darüber hinaus den verstärkten und ernsthaften Aufbau revolutionärer Strukturen – in all ihrer momentan nötigen Unterschiedlichkeit – beinhaltet, dann gelingt es uns auch den Spieß umzudrehen und wieder in die Offensive zu kommen

Für Solidarität im revolutionären Aufbau!

Kasten §129

Sogenannte „Vereinigungsdelikte“ als Repressionsmittel der Herrschenden gegen revolutionäre Organisationsansätze haben im deutschsprachigen Raum eine lange Tradition. So gehen die Ursprünge der heutigen §§129 a/b StGB “Bildung krimineller bzw. terroristischer Vereinigung (im Ausland)” bereits auf die deutsche Kaiserzeit zurück. Auch nach 1945 wurde der Paragraph beinahe unverändert übernommen. Seine erste Anwendung fand der Paragraph 129 mit dem KPD-Verbot 1956; es folgten über hunderttausend Verfahren und Berufsverbote. Mit dem Erstarken der bewaffneten Gruppen in den 70er-Jahren wurde der Paragraph verschärft: der §129a wurde eingeführt und begleitend die Verteidigung eingeschränkt, sowie die Haftbedingungen verschärft. Die nächsten Jahre waren dementsprechend geprägt von Verfahren gegen RAF, RZ, Bewegung 2. Juni und deren vermeintliches und tatsächliches Umfeld. Mit dem Verbot der PKK Mitte der 90er und der nächsten Verschärfung um den §129b, erstreckt sich die Verfolgung lange vor Allem auf migrantische Exilstrukturen.

Mit den öffentlich gewordenen 129-Verfahren in Leipzig, Berlin oder Frankfurt, sowie gegen den Roten Aufbau Hamburg hat sich dies geändert.

Mit dem Verbot von Organisationsansätzen geht es nur vordergründig um die Bestrafung vermeintlicher Straftaten. Vielmehr verfolgen die Herrschenden das Ziel, so die Entwicklung revolutionärer Strukturen zu unterbinden. Die §129a/b ermöglichen dabei Urteile die tendenziell ohne individuell belastende Beweise auskommen. Eine – schwammig definierte – Mitgliedschaft oder „Unterstützung“ reicht oft aus. In §129b Verfahren gegen türkische und kurdische Linke werden außerdem oft unter Folter zustande gekommen Aussagen oder solche die direkt von türkischen Geheimdienstlern stammen, verwendet.

Mit der nächsten größeren Krise des Kapitalismus vor der Tür kommt Vereinigungsdelikten so auch eine strategische Bedeutung zu. Revolutionäre Antworten auf gesellschaftliche Widersprüche bieten gerade in Krisenzeiten das Potential zum Umbruch – was für die Herrschenden gefährlicher ist als vermeintliche Straftaten, an denen solche Verbote dann doch oft aufgehängt sind.

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