200 Millionen ArbeiterInnen haben sich am 8. und 9. Januar an einem zweitägigen Generalstreik in Indien beteiligt. Dieser war damit der größte Streik der jüngeren indischen Geschichte.
Bereits am 2. September 2016 streikten bis zu 180 Millionen ArbeiterInnen – nach dem grossen Streik von 2015 war dies vermutlich der grösste Streik der Menschheitsgeschichte. 2019 sollen es noch mehr sein.
(az) Unter dem kapitalfreundlichen Präsidenten Modi (gern gesehener Gast am WEF) gab es in den letzten Jahren zahlreiche Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse. Preise für tägliche Güter stiegen, während Löhne stagnierten und Arbeitsgesetze kontinuierlich ausgehöhlt wurden – im Gegenzug hat sich die Anzahl indischer MillionärInnen in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Insbesondere ArbeiterInnen im öffentlichen Sektor bekamen die neoliberale Stossrichtung Modis zu spüren. Knapp 240’000 ArbeiterInnen staatlicher Unternehmen verloren seit dessen Amtsantritt 2014 ihren Job. Gleichzeitig stieg der prozentuale Anteil an TaglöhnerInnen, Gelegenheits- und LeiharbeiterInnen im öffentlichen Dienst auf über 50%. Festangestellte haben nicht nur eine erhöhte Jobsicherheit, sie erhalten im öffentlichen Dienst Indiens auch bis zu 50% mehr Lohn. Dadurch ist die Steigerung des Anteils an LeiharbeiterInnen nichts anderes als eine gross angelegte staatliche Sparmassnahme. Solche Veränderungen zulasten der ArbeiterInnen sind nicht untypisch. Die wirtschaftliche Entwicklung Indiens ging in den letzten Jahren stets mit gewaltigen Angriffen gegen die werktätige Bevölkerung einher.
Die grossen Gewerkschaftsverbände hatten für den Generalstreik einen 12-Punkte Katalog veröffentlicht, der insbesondere die Probleme der ArbeiterInnen in der Industrie und im öffentlichen Dienst aufnimmt. Sie fordern unter anderem die Erhöhung der Mindestlöhne, die Schaffung neuer Jobs (Festanstellungen), den Stopp von Privatisierungen, die strikte Durchsetzung von schützenden Arbeitsgesetzen oder die Verbesserung des Sozialversicherungssystems.
So hatten über 200 Bauernorganisationen angekündigt, den Streik durch Strassenblockaden auch in den ländlichen Gebieten zu unterstützen. Die nicht gelöste Agrarkrise Indiens – alleine zwischen 2013 und 2016 wurden mehr als 48’000 LandwirtInnen in den Selbstmord getrieben– bringt LandwirtInnen und Beschäftigte in der Landwirtschaft seit Monaten auf die Strasse. Bis zu 100’000 LandwirtInnen marschierten beispielsweise im November nach Delhi, um mehr Unterstützung einzufordern. Doch Modi, ganz im Sinne der Internationalen Handelsorganisation WTO, dachte bisher nicht daran, seine Agrarpolitik grundlegend zu ändern. Dies hat Gründe. Alleine zwischen 2001 und 2013 schieden 7.7 Millionen LandwirtInnen aus ihrer Beschäftigung. Dieser Trend liess auch in den letzten Jahren nicht nach. Die Freisetzung eines solch gigantischen Heeres an ArbeiterInnen führt zu sichtbaren Missständen, stärkte gleichzeitig die Konkurrenz unter den Lohnabhängigen und trieb so die Löhne in der Industrie nach unten. Da die Wirtschaft davon profitierte, ist dies ganz im Sinne Modis. Entsprechend haben sich alle seine Wahlkampfversprechen an die Landbevölkerung als das herausgestellt, was sie in der Regel sind: leere Worte zur Steigerung der Anzahl Stimmen.
Quellen: aufbau.org / timesofindia