+++ wieder an die 1000 Teilnehmer:innen auf Revolutionärer 1. Demonstration +++ massive Polizeiangriffe wegen Seitenbannern +++ Dutzende im Kessel und 95 Verletzte durch Schlagstöcke und Pfefferspray +++ DGB sagt morgens Gewerkschaftsdemo ab +++ kämpferische Gewerkschaftsdemonstration von Verdi mit antikapitalistischer Beteiligung +++ unangemeldete Spontandemonstrationen im Vorfeld des 1. Mai +++ antikapitalistische 1. Mai Demonstration in Waiblingen+++

Auch in diesem Jahr haben hunderte Menschen den 1. Mai, den internationalen Kampftag der Arbeiter:innenklasse, zum Anlass genommen, um auf die Straße zu gehen. Wie im vergangenen Jahr war er in Stuttgart geprägt von der Gewalt der Polizei, dem Verrat einiger DGB-Funktionär:innen und einer dennoch unbeugsamen revolutionären Bewegung.

Gewerkschaftsdemonstrationen mit antikapitalistischer Beteiligung in Stuttgart und Waiblingen

Die diesjährige DGB Demonstration in Waiblingen war stark antikapitalistisch geprägt. Das war unter anderem aufgrund von sieben Jahren kontinuierlicher Arbeit im DGB und zum 1.Mai möglich. Durch Aktionen, Durchsagen und Schilder wurde klar gestellt, dass niemand Kapitalisten braucht. So wurde zum Beispiel Südwestmetall symbolisch geschlossen und aufgezeigt, dass ein System möglich ist, in dem die Betriebe in den Händen unserer Klasse sind. Die Einschränkungen des Streikrechts waren ebenfalls Thema der Demonstration. Auch die Kritik am deutschen Imperialismus wurde durch einen Bannerdrop mit der Aufschrift: „Sozialismus oder Barbarei – Revolutionen beenden Kriege“, sichtbar. Beispielsweise wird der Ukraine Krieg als willkommener Einwand genutzt, um Deutschland weiter aufzurüsten und kriegsfähig zu machen. Zum Abschluss wurde die Rechtsentwicklung in der Ampel-Regierung thematisiert, welche die Politik der rechten umsetzten.

In Stuttgart startete der Tag damit, dass eine handvoll DGB-Funktionär:innen entschied, die Gewerkschaftsdemonstration abzusagen – wohl aufgrund der Gefahrenprognose der Cops, welche unhinterfragt übernommen wurde. Dies schloss sich an ein Interview von Kai Burmeister (Vorsitzender des DGB Baden-Württemberg) am Tag vor dem 1. Mai an, in welchem er schwadronierte, er wolle nicht, dass „Krawallmacher“ die Demonstration kapern.

Obwohl schon um 10 Uhr morgens die Umgebung des Marktplatzes von ungewöhnlich vielen Bullen belagert war und eine entsprechende Drohkulisse gegeben war, erklärte sich der Verdi-Bezirk Stuttgart kurzfristig bereit, in die Presche zu springen und die Demo anstelle des DGBs durchzuführen. Ganz bewusst auch mit antikapitalistischer Beteiligung. Damit konnte verdeutlicht werden, dass antikapitalistische und klassenkämpferische Positionen und Bewegungen Teil der Gewerkschaftsbewegung sind. Und ein Beispiel dafür, dass der Streit um eben diese Positionen innerhalb der Gewerkschaften richtig und wichtig ist. Die Tatsache, dass eine Gewerkschaftsdemonstration schlussendlich durchgesetzt werden konnte, ist ein Erfolg. Knapp 3000 Menschen folgten dem Aufruf und zogen durch die Stadt, statt sich bei einer Bratwurst-Hocketse den Bauch zu pinseln. Zurück blieb ein weitgehend leerer Platz. Ein notwendiges Zeichen in Zeiten von Aufrüstung, sozialem Kahlschlag und zunehmenden Angriffen auf die Errungenschaften der Arbeitnehmer:innen.

Die Absage der Gewerkschaftsdemonstration dürfte der vorläufige Höhepunkt des unrühmlichen Verhaltens darstellen, mit dem der Gewerkschaftsverband seit einiger Zeit versucht, unliebsame Teile – also die antikapitalistische Bewegung – als Unruhestifter:innen zu delegitimieren und aus gemeinsamen Kämpfen rauszudrängen. Wir betrachten die Absage der Demonstration nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit dem diffamierenden Interview des DGB-Vorsitzenden, sowie der Distanzierung des DGB vom antikapitalistischen Bereich bei der letztjährigen Demo.

Ein größerer Teil der Gewerkschaftsdemo zog im Anschluss zum Auftakt der revolutionären 1.Mai Demo auf den Karlsplatz weiter.

Revolutionäre 1. Mai Demonstration

Ein Bündnis aus revolutionären, antifaschistischen und internationalistischen Organisationen hat die diesjährige Demonstration organisiert und gestaltet. Auf dem Karlsplatz konnten planmäßig Redebeiträge zu Frauenkampf, Antifaschismus und Internationalismus gehalten werden. Außerdem wurde herausgestellt: Der 1. Mai ist ein explizit revolutionärer Kampftag. Ein Tag, an welchem unsere alltäglichen Kämpfe zusammengeführt werden und an welchem wir deutlich machen: Dieses kapitalistische System der Krisen bietet uns keine andere Möglichkeit, außer es zu überwinden.

Nach der Auftaktkundgebung konnte der Demonstrationszug planmäßig losziehen. Allerdings zeigte sich schon nach einigen Metern, dass die Cops keineswegs eine andere Strategie verfolgten, als im letzten Jahr. Das Aufspannen von verhältnismäßig wenigen Seitentransparenten diente als gefundenes Fressen für die Cops, den Demonstrationszug unmittelbar und aggressiv anzugreifen. Die Spitze des Demonstrationszugs wurde vom restlichen Teil gewaltsam abgespalten und eingekesselt, es gab zahlreiche Verletzungen aufgrund von Pfefferspray und Schlagstöcken.

Zum wiederholten Mal hat der Einsatzleiter, Jens Rügner, der bereits vom vergangenen 1. Mai und 8. März Demonstrationen bekannt ist, damit bewiesen, welche Linie er gegenüber der revolutionären und antikapitalistischen Linken in Stuttgart verfolgt: Schon banale Elemente selbstbestimmten Widerstandes werden als Anlass genommen, ganze Demonstrationen brutal zu zerschlagen. Auch bei einigen Passant:innen sorgte das Auftreten der Cops für Irritation und Unverständnis. Gezielt nutzt die Stuttgarter Polizei zusätzlich mediale Hetze, bei der sie sich auch vor bewussten Lügen nicht scheut. So haben sie offensichtlich selbst Hemmungen, die Härte ihres Eingreifens mit dem alleinigen Aufspannen von Seitentransparenten zu rechtfertigen und erfinden kurzerhand Angriffe aus der Demonstration heraus.

Letztendlich ist es uns auch dieses Jahr als Demonstration am 1. Mai nicht gelungen, die Polizeiangriffe abzuwehren oder zurückzuschlagen. Die gut aufgestellte Demostruktur sowie die Standhaftigkeit und Solidarität unter den Demonstrierenden hat es aber ermöglicht, uns trotz Härte und Unvermitteltheit des Angriffs kontrolliert und geordnet zurückzuziehen.

Kleine Erfolge, die die linke Bewegung in Stuttgart rund um den diesjährigen 1. Mai noch verzeichnen kann, sind zwei unangemeldete Demonstrationen, die schon im Vorfeld des 1. Mai stattgefunden haben: In Waiblingen wurde gezeigt, dass revolutionäre Organisierung insbesondere in ländlichen Regionen wichtig ist. Mit rund 60 Menschen nahmen die Teilnehmer:innen sich selbstbestimmt die Straßen und haben eine revolutionäre Perspektive aufgezeigt. Die unangemeldete Demonstration war Antwort auf Angriffe und Einschneidungen der letzten Jahre (Link von Bericht einfügen). In der Walpurgisnacht hat außerdem eine feministische Spontandemonstration in Stuttgart-Ost den 1. Mai eingeläutet und ein selbstbestimmtes Zeichen gegen den jüngst bekannt gewordenen Femizid gesetzt.

Trotz einem ernüchternden Ende der revolutionären 1. Mai-Demonstration, kämpfen wir weiter auf allen Ebenen für ein Ende der kapitalistischen Krisen, für einen revolutionären Bruch sowie für eine sozialistische Gesellschaft.