Sowohl in Stuttgart, als auch in Waiblingen hatten linke Gruppen, klassenkämpferische Gewerkschafter:innen und Betriebsgruppen zu einer antikapitalistischen Beteiligung aufgerufen. In Waiblingen hielt sich die Polizei zurück, Gewerkschafter:innen, Kommunist:innen und andere Linke konnten selbstbestimt an unserem Tag auf die Straße. In Stuttgart hingegen zeigte die Polizei von Beginn an massiv Präsenz und lief über weite Strecken Spalier neben dem antikapitalistischen Block. Die erste Möglichkeit nahmen sie zum Anlass, den Block zu stoppen. Hier verweisen wir auf den Bericht mit Fotos von der antikapitalistischen Beteiligung an den diesjährigen DGB-Demos.

Berichtmit mit vielen Fotos findet sich hier

“Der 1. Mai ist für alle Arbeiter:innen und Linken ein Kampftag mit ungebrochen bedeutsamer Tradition. Auch der DGB organisiert jährlich bundesweit Demonstrationen. In Waiblingen und in Stuttgart gibt es seit Jahren eine antikapitalisitische Beteiligung an diesen Demonstrationszügen. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, als Teil der DGB-Gewerkschaften für eine offensive Gewerkschaftspolitik einzutreten. So auch in diesem Jahr. Im Vorfeld hatten Gewerkschafter:innen aus verschiedenen Branchen und Betrieben, aus der Produktion, den Kitas und den Krankenhäusern bis hin zur Abfallwirtschaft, mit einem gemeinsamen Aufruf auf den antikapitalistischen Bereich mobilisert.

In beiden Städten gab es die gleichen Aktionen durch die antikapitalistischen Bereiche. In Stuttgart wurde der Demonstrationszug etwa nach der Häfte der Route von der Polizei aufgehalten und brutal angegriffen. Der antikapitalitische Bereich der Stuttgarter Demonstration hatte zuvor angehalten, um durch ein Papierbanner mit der Aufschrift “Krieg – Krise – Kapitalismus” zügig durchzulaufen. Symbolisch sollte gezeigt werden, dass unsere Klasse und die kämpferischen Gewerkschaftsteile all dies satt haben. Diese Papierwand war für die Stuttgarter Cops wohl Grund genug, die Demonstration mit einem Großaufgebot an Polizeikräften zu stoppen und massiv mit Schlagstöcken und Pfefferspray anzugreifen. Wie von einer Papierwand eine Bedrohung ausgehen soll, dafür fehlt uns tatsächlich jede Phantasie, nicht zuletzt deshalb, weil es für uns als klassenkämpferische Gewerkschafter:innen bei Streiks und Arbeitskämpfen üblich ist, eine lebendige Demonstrations- und Protestkultur zu entwickeln. Papierbanner zu durchrennen, Solifotos mit Tischfeuerwerk für die kämpfenden Kolleg:innen in Frankreich sowie andere partizipative Elemente einzubringen, das wollen und werden wir auch in Zukunft nicht missen. Ähnliches gilt im Übrigen für legale pyrotechnische Gegenstände.

Alldem zufolge scheint es uns offensichtlich, dass das Handeln der Polizei in Stuttgart vom Repressionswillen sowie der politischen Motivation, die offensiven und linken Teile aus den DGB-Gewerkschaften herauszulösen, geprägt ist. Durch völlig überzogene Auflagen behindert man jeden selbstbestimmten politischen Ausdruck, um schrittweise die Versammlungsfreiheit begraben zu können. Denn die Repression gegen die DGB-Demonstration stellte nur den Auftakt der polizeilichen Eskalation am diesjährigen 1. Mai in Stuttgart dar: Die anschließende revolutionäre Demo wurde aus hanebüchenen Gründen (Transparente seien länger als 1,5 Meter) angegriffen und letztlich gezielt verunmöglicht. Bereits den antikapitalistischen Block auf der DGB-Demonstration hatte man versucht, durch ein von Anfang an bestehendes Spalier einzuschüchtern.

Mit einem inhaltlichen Schwerpunkt grüßten der antikapitalistische Block in Stuttgart und der antikapitalistische Bereich in Waiblingen die kämpfenden Arbeiter:innen in Frankreich. In Frankreich löste die geplante Erhöung des Renteneintrittsalters durch Macron und Co. einen enorm verstärkten Klassenkampf mit tausendfacher Beteiligung aus. Trotz massiver Repression reißen die Streiks, Proteste und Aktionen dort nicht ab und der Druck, der auf die Herrschenden ausgeübt wird, ist beachtlich. Aus diesem Grund wurden jeweils Banner mit der gleichlautenden Aufschrift “Soutien aux grevistes, Macron démission, A bas le capitalisme” (Unterstützung für die Streikenden, Macron tritt zurück, Weg mit dem Kapitalismus) entrollt und begleitend die französiche Parole “Macron démission” gerufen. Zudem richteten beide Städte ein Grußwort direkt an die Protestbewegung in Frankreich und untermalten die solidarische Aktion mit Tischfeuerwerk. Auf diese Weise stellte man heraus, dass die offensiv geführten Kämpfe gegen das französische Kapital und seine Regierung uns in Deutschland ein Vorbild sein müssen.

Aktionen der antikapitalistischen Teilnehmer:innen in Waiblingen richteten sich unter anderem gegen das Arbeitsamt. Parolen thematisierten die Vereinigung der Arbeiter:innenklasse aller Länder, die militaristische Politik der Bundesregierung sowie die Abschaffung der internationalen kapitalistischen Ordnung, in der unseres Erachtens auch die Gründe des Ukrainekriegs liegen. Denn im Ukrainekrieg stehen sich letzten Endes imperialistische Interessen zweier Machtblöcke gegenüber, die einerseits durch die NATO, andererseits durch Russland repräsentiert werden. Beide sind vom Interesse getrieben, sich politische und ökonomische Einflusssphären zu sichern. Die Erzählungen, die beide Seiten ihrer Kriegsführung aufstülpen, sind verlogen, sei es die einer “antifaschistischen Intervention” (Russland) oder die der Verteidigung liberaler Freiheitsrechte (NATO).

In Waiblingen beteiligt man sich seit vier Jahren antikapitalistisch an der DGB-Demonstration. Nahezu alle die dieses Jahr zur Demonstration kamen, versammelten sich im antikapitalistischen Bereich. Wenigstens hier ließ man die Demonstrierenden gewähren, doch auch darauf können wir uns in Zukunft nicht verlassen. Die Rede der ver.di-Betriebsgruppe Rems-Murr-Kliniken unterstrich mehrfach die Bedeutung der Einheitsgewerkschaft, einer zentralen Lehre aus dem deutschen Faschismus. In ihr haben sowohl Sozialdemokrat:innen als auch Kommunist:innen ihren Platz und dementsprechend sollten sich beide auch Spaltungsversuchen gegenüber verhalten.

Auch in Stuttgart standen die Kräfte des antikapitalistischen Blocks Seite an Seite mit den Betrieblichen. Für den Schutz dieser Demonstration hat der antikapilistische Block viel Kraft aufgewendet. Die Repressionsorgane haben auf der Straße keinen Unterschied zwischen reformistischen und revolutionären Gewerkschaftsteilen gemacht, sondern losgeprügelt. Es war dieses Mal die Polizei selbst, die unser Papierbanner zerstört hat.

Wenn die Spitze vom DGB sich pronto von vermeintlichen “Unruhestiftern” des antikapitalistischen Bereiches distanziert, dann spielt das der Polizeistratgie in die Hände. Und dies verkennt, wer am heutigen Tag eskaliert hat. Eine Papierwand zu durchlaufen und zwei legale bunte Rauchtöpfe sind und dürfen kein Anlass sein, mit einem behelmten Großaufgebot eine Demonstration zu stoppen, massiv Pfefferspray und Knüppel einzusetzen – was viele Verletzte zur Folge hatte, die Demo aufzuhalten und bis zum Ende der Demonstration zu bedrängen.

Dabei sind wir selbst es, die entscheiden, wer zur DGB-Demonstration, die genauso unsere Demonstration ist, gehört und wer nicht. Und dementsprechend hat es sich beim antikapitalistischen Block in Stuttgart auch um einen gut durchmischten Block aus Betrieblichen und linken Kräften gehandelt.

Wir waren diesen 1. Mai auf der Straße als Pfleger:innen, kämpfende Frauen, Vertrauensleute aus diversen Betrieben, Kolleg:innen aus der Abfallwirtschaft, Gewerkschafter:innen der Nahrungs- und Genussmittelbranche und vieles mehr. Dies werden wir uns auch in Zukunft nicht nehmen lassen!


Zur Eskalation der Polizei auf der DGB-Demo schreiben die Demosanitäter in ihrer Pressemitteilung: “Bereits zu Beginn der DGB-Demonstration am Marienplatz war ein massives Polizeiaufgebot vor Ort. Im Verlauf wurde der antikapitalistische Block plötzlich ohne erkennbaren Grund vorübergehend durch die Polizei am Weiterlaufen gehindert und kurz darauf mit Pfefferspray angegriffen, sodass wir eine zweistellige Zahl an Patient*innen behandeln mussten. (28x Pfefferspray, 1x chirurgisch)”