+++ unangekündigte Vorabbenddemo in Waiblingen +++ Antikapitalistischer Block auf DGB-Demo verteidigt sich gegen Polizeigewalt +++ 800 Leute auf revolutionärer Demo +++ Durchbrochene Bullenketten +++ großer Andrang beim internationalistischen Straßenfest +++
Trotz weiter hohem Repressionsniveau in den letzten Monaten in Stuttgart, haben zahlreiche Menschen den 1.Mai zum Anlass genommen, um gegen Krise, Krieg und Kapitalismus auf die Straße zu gehen:
Revolutionäre Vorabenddemonstration in Waiblingen
Bereits am 30. April gab es eine unangekündigte Spontandemonstration durch die Waiblinger Innenstadt. Die Demonstration wurde bewusst nicht angemeldet, um einen vollkommen selbstbestimmten Raum zu schaffen und sich nicht in das Korsett bürgerlicher Gesetze zwängen lassen zu müssen.
Einen ausführlichen Bericht zur Vorabendemonstration findet ihr hier
Antikapitalistische und klassenkämpferische Beteiligung an den DGB-Demonstrationen in Stuttgart und Waiblingen
Unter dem Motto „Gemeinsam als Klasse kämpfen“ versammelten wir uns heute mit Kolleg:innen und Genoss:innen im antikapitalistischen Block und zogen vom Marienplatz durch die Stuttgarter Innenstadt. Angeführt wurde die Demonstration dabei von Kolleg:innen der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft. Auch Kolleg:innen aus der Pflege, der Metall- und Elektroindustrie und von der Abfallwirtschaft beteiligten sich.
Die Bullen eskalierten die Situation, als Aktivist:innen mit Plakaten am Ordnungsamt auf die Verdrängung migrantischer Jugendlicher und die Gentrifizierung der Stuttgarter Innenstadt aufmerksam machen wollten und brachen einem Aktivisten bei dem Versuch, die in Stuttgart anscheinend streng beschützten Gebäude der Stadtverwaltung zu schützen, die Nase. Der Antikap-Block lies sich davon allerdings nicht einschüchtern. So gelang es den Aktivist:innen – wie auch einem Bericht der Stuttgarter Zeitung zu entnehmen ist – einen zuvor festgenommenen Aktivisten wieder aus dem Polizeigewahrsam zu befreien. Die Handschellen, die die Bullen ihm bereits angelegt hatten, waren da offenbar kein großes Hindernis.
In Waiblingen beteiligten sich ca. 100 Personen am antikapitalistischen Block. Hier, wie in Stuttgart, gab es zudem einen Aktion in Solidarität mit den Streikenden im Sozial- und Erziehungsdienst, bei der Windeln vor den Rathäusern abgelegt wurden und eine Transpiaktion während der in der Demonstration massig Fontänen gezündet wurden.
Den Ausführlicheren Bericht zu beiden Blöcken sowie weitere Bilder findet ihr hier
Revolutionäre Demonstration in Stuttgart
Im Anschluss an die DGB Demonstration startete die revolutionäre 1. Mai Demonstration auf dem Rotebühlplatz. Um die 800 Menschen, darunter viele junge Menschen, Migrant:innen, kurdische Aktivist:innen, Klimagerechtigkeitsaktivist:innen, Kolleg:innen, Kommunist:innen und Revolutionär:innen gingen für einen klaren Bruch mit dem Kapitalismus, für Klassenkampf, Revolution und Sozialismus auf die Straße. Nach dem revolutionären Frontblock folgte ein Klimagerechtigkeitsblock, Aktivist:innen der kurdischen Bewegung und der kommunistischer Parteien und Organisationen aus der Türkei, sowie viele weitere unorganisierte Menschen.
Zu Beginn der Auftaktkundgebung ging ein Redner der „Revolutionären Jugend Stuttgart“ auf die Verflechtungen von Rassismus und Kapitalismus und die Notwendigkeit ein, im Kampf gegen rassistische Diskriminierung und Ausbeutung eine klare Klassenperspektive auf Seiten der Arbeiter:innen einzunehmen. Eine Rednerin der kurdischen Bewegung berichtete vom Angriff der türkischen Armee auf die befreiten Gebiete in Nordkurdistan,vom Widerstand der Guerilla und von unserer Verantwortung als in Deutschland lebende Internationalist:innen und Revolutionär:innen.
Den Auftakt zur Demonstration gab die Rede unserer bundesweiten Organisation „Perspektive Kommunismus“. Gerade in Zeiten, in denen eine Krise die nächste jagt und die Angriffe auf unsere Arbeitsbedingungen zunehmen, während die Herrschenden 100 Milliarden in Aufrüstung stecken und deutsche Aktiengesellschaften Rekorddividenden auszahlen, zeigt sich, dass es für die Arbeiter:innenklasse in diesem System nichts zu gewinnen gibt. Ein revolutionärer Bruch ist möglich und nötiger denn je.
Der Krieg Erdogans richtet sich nicht nur gegen den Befreiungskampf der Kurd:innen, er richtet sich gegen die revolutionäre Perspektive für die dieser Kampf steht. Dass der deutsche Staat Erdogan in diesem Krieg diplomatisch, wirtschaftlich und politisch unterstützt ist nur logisch. Umso wichtiger ist es, dass wir den revolutionären Kampf in Kurdistan hier in Deutschland ganz konkret unterstützen. Das wurde zu Beginn der Demonstration auch mit einem Transparent mit der Aufschrift: „Fight for Revolution – Biji PKK, Biji Gerilla“ und Rauchtöpfen in Rot, Gelb und Grün – den Farben Rojavas im Frontblock und im Klimagerechtigkeitsblock unterstrichen.
Im Anschluss zog die Demonstration zum Wilhelmsplatz, an den das lokale SPD-Büro angrenzt. Bereits im Vorfeld zum 1. Mai hatten Aktivist:innen das Büro mit roter Farbe eingefärbt. In einem Redebeitrag des Arbeitskreis Internationalismus ging eine Rednerin auf die Politik der Arbeiter:innenfeinde und Kriegstreiber ein. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird für massive Aufrüstungsvorhaben genutzt und sowohl das ständige Zündeln der NATO gegenüber Russland durch ständige Ost-Erweiterungen und Manöver an Grenzen, als auch die vielen Angriffskriege unter NATO Führung, von Jugoslawien bis Afghanistan werden dabei getrost unterschlagen. Die Zeche für dieses Programm zur Stärkung des deutschen Imperialismus zahlen am Ende nicht nur die von den Krieg betroffene Menschen. Sondern auch wir, wenn Lebensmittel und Spritpreise teurer werden und für Klima und Soziales auf einmal kein Geld mehr da sein soll. Unterstrichen wurde die Rede von vielen Schildern gegen die SPD, die in der Demonstration hochgehalten wurden und von roten Banderolen die aus dem hinteren Bereich der Demonstration als „Blutfäden“ Richtung Parteizentrale geworfen wurden.
Vor dem SPD Büro wurde währenddessen ein SPD-Schriftzug symbolisch mit roter Farbe besprenkelt – denn das einzig Rote an ihnen ist das Blut an ihren Händen.
Die anschließende Demoroute durch das Heusteigviertel war begleitet von Rauchtöpfen, Feuerwerk und kämpferischen Parolen. Die Tatsache, dass das Ordnungsamt anscheinend zu unfähig war einige Poller zu öffnen und die Route spontan umgeleitet werden musste, tat dem keinen Abbruch. Auf Höhe der Olgastraße gingen Moderation und Aktivist:innen auf die massiven Teuerungen, mit denen ein Großteil der Bevölkerung aktuell konfrontiert ist, ein. Neben den gestiegenen Preisen im Alltag wurde betont, dass auch die angeblichen „Entlastungspakete“ der Regierung nichts sind, was Krisenlasten auffangen könnte, sondern vielmehr wieder auf dem Rücken der Bevölkerung stattfinden. Riesenballons mit den Aufschriften „Teuerung“, „Krise“ und „Kapitalismus“ wurden zerstochen und Transparente mit der Aufschrift: „Ihre Profite nicht auf unsere Kosten! Faire Preise nur im Sozialismus!“ hochgehalten.
Am Marienplatz angekommen verdeutlichte die Demo, dass die gewählte Route nichts ist, was zwangsläufig vom Ordnungsamt vorgegeben werden kann. Anstatt direkt auf die Böblinger Straße abzubiegen, wie die Bullen es wollten, wurde die ursprünglich geplante Route auf der Böheimstraße fortgesetzt. Die Cops, die anfangs sichtlich überrumpelt waren, versuchten die Demo mit Pfefferspray und Schlagstöcken aufzuhalten, waren dem Druck der Demonstration aber nicht gewachsen und mussten sie vorerst ziehen lassen – man munkelt der ein oder andere Bulle hat dabei seinen Helm verloren und musste rennen. Erst nach einiger Zeit und nachdem weitere Bullenkräfte und Pferde aufzogen, ging die Demonstration zurück auf die genehmigte Route. In Heslach angekommen gab es nochmal Rauchtöpfe und Feuerwerk bevor die Demonstration selbstbestimmt auf der Kreuzung vor dem Erwin-Schöttle-Platz beendet wurde.
Bei der Abschlusskundgebung sprach ein Vertreter der Solidaritätskampagne „Antifa bleibt notwendig“ über einen offensiven Umgang mit Repression, gerade gegen Antifas. Staat und Polizei wollen dass wir weniger machen und unsere Praxis einschränken. Eine Antwort auf Knast, Briefe, Schlagstöcke und Pfeffer darf eben nicht so aussehen, dass bestimmte Praxisformen aufgegeben werden. Den Abschluss machte ein Genosse der Antifaschistischen Aktion Stuttgart, Ortsgruppe der Antifaschistischen Aktion Süd. Vor einem halben Jahr haben acht Antifa-Strukturen aus Süddeutschland eine gemeinsame, schlagkräftige Organisation gegründet. In dem Beitrag ging er vor allem auf die Herausforderungen ein, die neue Massenbewegungen darstellen, in den Rechte versuchen sich zu verankern. Es muss um die Menschen, die durch die Widersprüche mobilisiert werden, gekämpft werden, ohne auch nur einen Zentimeter von einen antifaschistischen Grundkonsens abzurücken.
Internationalistisches Fest im Linken Zentrum Lilo Herrmann
Im Anschluss zog die Demo weiter zum Linken Zentrum Lilo Herrmann. Das internationalistische Fest mit politischem Theater, verschiedensten Infoständen und Essen hatte nach zwei Jahren Pause wieder sehr viele Besucher:innen.
Gemeinsam wurde mit Getränken der 1.Mai gefeiert und mit Ilhan44, einem Rapper aus Berlin der insbesondere Rassismus und Bullengewalt thematisiert, klang der Abend aus.