Die ehemaligen Besetzer*innen der Wilhelm-Raabe-Straße wurden von den Hausbesitzer*innen verklagt und sollen nun die Räumungskosten bezahlen. Sage und Schreibe 11.200 Euro sollen sie bezahlen – und zwar Dalli. Da sie das als Angehörige unserer Klasse nicht ohne Weiteres können sind sie auf Spenden angewiesen – schließlich handelte es sich auch um eine über die Stadtgrenzen hinweg Aufsehen erregende politische Aktion. Zeigt euch solidarisch, spendet und verbreitet den Aufruf weiter!

Spendenkonto

Rote Hilfe e.V. Stuttgart
Stichwort: Wilhelm-Raabe-Str.
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Vollständiger Spendenaufruf:

Wohnungen immer noch leer, Familien sollen zahlen:

Am 28. April 2018 besetzten die Alleinerziehende Rosevita mit ihrem Sohn und Adriana mit Partner und Kleinkind zwei schon lange leerstehende Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße 4. Den Familien ging es wie vielen in Stuttgart: Rosevita hatte ihre alte Wohnung wegen Eigenbedarfs verloren und lebte vor der Besetzung mit Sohn in einem kleinen Zimmer bei ihrer Schwester. Adriana mit Partner und Kind lebten in einer viel zu kleinen Wohnung und hatten zuvor trotz langer und intensiver Suche keine größere bezahlbare Wohnung finden können. Sie forderten bei der Besetzung etwas ein, was gerade in einer reichen Stadt wie Stuttgart eigentlich selbstverständlich sein sollte: Ausreichend Wohnraum zu passablen Mieten. Doch die Eigentümer, die reiche Investorenfamilie Passy aus London, verweigerte jegliche Gesprächsbereitschaft. Nach einem Monat, am 28. Mai 2018, ließ sie die Familien mit einem riesigen Polizeiaufgebot zwangsräumen.

Was bleibt

Mit der Zwangsräumung endete ein Monat voller Leben im Haus. Die Wilhelm-Raabe-Straße 4 war ein Ort des Zusammenkommens im Viertel. Viele in der Nachbarschaft hatten Verständnis für die Hausbesetzung, zeigten offen ihre Solidarität und besuchten die Hoffeste. Mit der Besetzung endete auch eine Aktion, die vielen Menschen Mut machte, sich gegen Wohnungsnot und Mietenwahnsinn zu engagieren, anstatt sie als Einzelschicksal einfach nur hinzunehmen. Die Besetzung brachte viel ins Rollen: In der ganzen Stadt wurde über Leerstand und Wohnungsnot diskutiert. Die Auseinandersetzung mit der Thematik war wochenlang im Fokus der Öffentlichkeit. Ein Jahr später beteiligten sich tausende Menschen an einer Großdemonstration, es folgten weitere Besetzungsaktionen und Veranstaltungen.

Die Situation im Haus – damals und heute

Zum Zeitpunkt der Besetzung standen in dem Haus mit fünf Wohneinheiten zwei Wohnungen leer. Heute sind es vier, also doppelt so viele wie damals. Doch nicht nur das: Wo früher die Kinder im Hof spielten, wurde eine Steinmauer hochgezogen, an der Fassade Überwachungskameras installiert und ein privater Sicherheitsdienst patroullierte lange Zeit täglich im Gebäude. Die verbliebenen MieterInnen wurden mit einer Flut an Gerichtsklagen überzogen und das ganz offensichtlich mit dem Ziel, sie heraus zu mobben.

Ihre Pläne mit dem Haus sind nach außen unklar. Offenbar benötigt die Eigentümerfamilie den Wohnraum weder selbst, noch ist sie auf Mieteinnahmen angewiesen. Es handelt sich um reiche Spekulanten, die denken sie können mit Wohnraum tun und lassen was sie wollen, während Tausende dringend eine bezahlbare Bleibe suchen und die Zahl der Wohnungslosen seit Jahren wächst.

Wer aufmuckt, wird verklagt

Noch während der Besetzung begann der Staatschutz – die politische Abteilung- von Polizei und Staatsanwaltschaft zu ermitteln. Sie erhoben Anklage gegen die BesetzerInnen und UnterstützerInnen. Der Leerstand der Wohnungen kostete die Passys hingegen keinen Cent Strafe. Bis heute, hat die Stadt kein Bußgeld wegen Leerstand in der Wilhelm-Raabe-Straße 4 verhängt und das trotz des bestehenden Zweckentfremdungsverbots. Dagegen wurden im April 2019 Rosevita, Adriana und ihr Partner vor dem Amtsgericht Stuttgart zu Geldstrafen in Höhe von 2.200 Euro verurteilt. Im November 2020 verfügte nun das Oberlandesgericht, dass die drei zusätzlich insgesamt 11.200 Euro für die Räumung an die Eigentümerfamilie Passy zahlen sollen. Rechtsmittel gegen diesen Beschluss sind keine mehr möglich. Rechnet man zu dieser Summe die Strafen und Anwaltsrechnungen dazu, sind mehr als 14.000 Euro fällig. Wenn die Passys möchten, könnten sie sogar Löhne, Konten und Rentenansprüche pfänden – eine existenzielle Bedrohung. In diesem System müssen also jene, die keine Wohnung finden konnten und deshalb eine besetzten, auf Biegen und Brechen Geld an jene zahlen, die mehrere Wohnungen besitzen und diese jahrelang leerstehen lassen. Polizei, Justiz und Gesetze sind auf der Seite der Spekulanten, weil sie eben genau diese Verhältnisse mit allen Mitteln durchsetzen und aufrecht erhalten wollen. Wir sind der Meinung: Kriminell sind nicht diejenigen, die leerstehende Wohnungen besetzen, kriminell sind diejenigen, die Häuser aus Profitgier leerstehen lassen.

Zusammenstehen und Spenden

Die BesetzerInnen haben mit ihrer mutigen Aktion einen großen Teil zum Kampf um bezahlbaren und ausreichenden Wohnraum beigetragen. Die Solidarität, die sie damals erfuhren, ist jetzt wieder notwendig. Darum: Spendet was ihr könnt, damit die fünf nicht auf den Kosten sitzen bleiben – jeder Euro zählt. Damals wie heute gilt: Wir sind alle Wilhelm-Raabe-Straße 4!

Solidaritätskreis „Wir sind alle Wilhelm-Raabe-Straße 4!“

 

Mehr Infos:

Hintergrundvideo zur Besetzung 2018 auf Youtube

Jüngster Artikel der Kontext Wochenzeitung Online

Aktionsbündnis Recht auf Wohnen
www.recht-auf-wohnen.de

Rote Hilfe Stuttgart
www.rotehilfestuttgart.blogsport.eu

Solidarität & Klassenkampf:
www.solidaritaet-und-klassenkampf.org

Leerstand beleben! Ex-BesetzerInnenkollektiv Wilhelm-Raabe-Straße 4
www.leerstandbeleben.bplaced.net

Quelle