Bericht vom Aktionsbündnis 8. März:   Am 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen*, haben wir als Aktionsbündnis 8. März eine Kundgebung in Bad Cannstatt veranstaltet. Mit über 100 Frauen* haben wir auf sexualisierte Übergriffe, Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz aufmerksam gemacht.

Mit Redebeiträgen, der Tanzperformance „Un violador en tu camino“ und kreativen Aktionen haben wir gezeigt, dass neben den Tätern, auch die Medien, die Polizei, die Justiz und Arbeitgeber mitschuldig sind, indem sie bewusst wegschauen und Gewalt gegen Frauen* verharmlosen. Jede zweite Frau* ist auf der Arbeit mit sexueller Belästigung konfrontiert, indem sie diese beobachtet oder davon mitbekommt. Jede 8. Frau* erlebt selbst in ihrem Berufsleben sexualisierte Übergriffe und Gewalt am Arbeitsplatz. Die Folgen für die betroffene Frau* sind so vielfältig, wie die Vorfälle selbst: Sexistische und grenzüberschreitende Witze, körperliches Bedrängen, bis hin zu Aufforderungen zu sexuellen Handlungen. Jede Form sexualisierter Übergriffe und Gewalt führt zu weitreichenden psychischen Folgen bei den Frauen*. Weil sie oft weder Hilfe vom Arbeitgeber noch von der Justiz erhalten, ist für viele Frauen* die Kündigung der letzte Ausweg. Damit nehmen viele auch einen finanziellen Verlust in Kauf.

Bei der Kundgebung ging eine Gewerkschaftssekretärin auf verschiedene Formen sexualisierter Belästigung ein und verband die Rede mit Zitaten von betroffene Frauen*, die sexualisierte Übergriffe erlebten mussten. Diese wurden anonymisiert von Frauen* aus dem Aktionsbündnis 8.März verlesen.

Eine weitere Rede wurde von einem Mitglied des Elternbeirats einer Kita gehalten, in der mehrere Frauen* die Einrichtung aufgrund solcher Vorkommnisse verließen. In dieser ging es unter anderem darum, dass Frauen* ohne Angst vor sexualisierten Übergriffen arbeiten und leben sollten. Sie betonte außerdem, dass ein respektvoller Umgang miteinander auch vorgelebt werden muss und wir nur so schaffen können, dass Kinder einmal in einer Gesellschaft leben können, „die frei von Diskriminierung ist“.

Das gemeinsame Zusammenwirken von Elternbeirat, Kolleg*innen und Beschäftigten eines sozialen Trägers, Bekannten und Aktivist*innen war ein deutliches Zeichen der Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen*. Denn wir haben heute nicht nur allgemein auf sexualisierte Gewalt und Belästigung aufmerksam machen wollen. Unter anderem ging es aus aktuellem Anlass, um einen sozialen Träger in Stuttgart. Bei diesem Träger waren mehrere Frauen* von frauen*feindlichen Verhaltensformen und sexualisierten Übergriffen betroffen. Weder ist der Träger seiner Fürsorgepflicht ausreichend nach diesen Vorfällen nachkommen, noch sind uns präventive Maßnahmen bekannt, die solche in Zukunft verhindern oder eindämmen könnten.

Im Anschluss an die Kundgebung sind wir gemeinsam zur Geschäftsstelle des Trägers gezogen. Hier wurde mit der Performance „Un violador en tu camino“ (Ein Vergewaltiger auf seinem Weg) symbolisch auf sexualisierte Übergriffe und Gewalt gegenüber Frauen* aufmerksam gemacht. Außerdem haben wir den Eingang und die Fassade des Gebäudes mit Botschaften wie „We fight back“, „Mittäter seid ihr“, „Smash Patriarchy“ und einem „Sexismus Siegel“ markiert. Bereits während der Kundgebung wurden Schilder von den Teilnehmer*innen beschriftet und anschließend vor der Geschäftsstelle angebracht.

We fight back!

Wenn jede 8. Frau* in Deutschland sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz erleben muss und ungefähr jede zweite Beschäftigte mit solchen Vorfällen konfrontiert wird, ist klar, dass dieser Träger nur einer von vielen Arbeitgebern ist, bei dem es zu so etwas kommt. Leider werden Übergriffe noch immer verharmlost und verschwiegen. Die wenigsten Betroffenen trauen sich offen darüber zu sprechen. Sexualisierte Übergriffe und Gewalt am Arbeitsplatz dürfen aber nicht unbeantwortet bleiben. Wir müssen uns gemeinsam und solidarisch dagegen zur Wehr setzen.

In Zukunft wollen wir an der heutigen Aktion anknüpfen. Während uns offizielle und staatliche Institutionen im Stich lassen, schließen wir uns als Frauen* zusammen. Die Zusammenarbeit und Solidarität mit Kolleg*innen, Eltern und vielen weiteren Menschen ist hierfür nötig und ein wichtiger Anknüpfungspunkt. Wenn wir gegen Gewalt und sexualisierte Übergriffe am Arbeitsplatz aktiv werden, steht dies aber auch in direktem Zusammenhang mit dem Kampf gegen die patriarchalen und kapitalistischen Verhältnisse. Denn diese normalisieren, akzeptieren und legitimieren Gewalt gegen Frauen*.

Wenn wir Frauen* uns zusammenschließen, können wir uns gegenseitig Halt geben und das Schweigen durchbrechen. Wir können gemeinsam aktiv werden, füreinander einstehen, uns organisieren und die Verhältnisse verändern.

Zu den Fotos der Kundgebung