In vielen Städten waren heute AktivistInnen auf den Straßen und haben auf die Klimakrise aufmerksam gemacht. Über zweihunderttausend Menschen haben auch online den Livestream von Fridays For Future verfolgt und in den sozialen Netzwerken wurden tausende Beiträge eingestellt. In Stuttgart war ebenfalls einiges los. Hier findet ihr ein Bericht vom Aktionstreffen Klimagerechtigkeit und weiter unten auch einige Fotos von deren Website:

Quelle der Fotos

Wir möchten euch an dieser Stelle unseren Artikel zum Klima in der  1. Mai Zeitung von Perspektive Kommunismus ans Herz legen:

Klima retten? Wir brauchen einen Plan!

Der Klimawandel und die damit verbundenen Veränderungen der Umwelt sind eine der größten Bedrohungen der Menschheit. Es geht nicht nur um eine vorübergehende Krise, die wir einfach aussitzen können. Im Gegenteil: Entscheidungen, die die letzten Jahrzehnte getroffen wurden und in naher Zukunft getroffen werden, haben unumkehrbare Auswirkungen auf die Zukunft unserer Zivilisation.

Doch was haben Klima- und Umweltzerstörung mit dem Gesellschaftssystem zu tun, in dem wir leben? Warum sagen immer mehr Menschen „Im Kapitalismus lässt sich die Klimakrise nicht lösen“? Gehen wir ca. 200 Jahre zurück, zu den Anfängen des Kapitalismus: Ab ca. 1800 begann sich in England die industrielle Produktion durchzusetzen. Das heißt, in Fabriken, die einzelnen Kapitalisten gehörten, produzierten ArbeiterInnen mit Hilfe von Maschinen massenhaft Waren. Je mehr, schneller und günstiger die Produktion, desto besser für die Kapitalisten, die auf dem Markt gegeneinander konkurrierten. Die Maschinen wurden anfangs noch fast überall von Wasserkraft angetrieben: Sauber, günstig und sicher. Und trotzdem setzte sich innerhalb kurzer Zeit Kohle als Energieträger gegen die Wasserkraft durch. Warum? Die Ausweitung der Produktion führte dazu, dass mehr Energie gebraucht wurde und ein stetiger Energiefluss vorhanden sein musste. Das konnten einzelne Wasserräder an Flussläufen, die von Wetter und Jahreszeit abhängig sind, nicht gewährleisten. Es gab Pläne für große Bauprojekte, um dieses Problem zu lösen: Systeme aus Wasserreservoirs, Schleusen und Staudämme, die einen stetigen Energiefluss für ganze Städte gewährleistet hätten. Bis auf wenige sind diese aber nie verwirklicht worden, weil sie der kapitalistischen Art zu produzieren widersprachen: Für Großprojekte dieser Art wären Kooperation, gemeinschaftliche Kontrolle und Verantwortung unter den konkurrierenden Kapitalisten notwendig gewesen. Das widerspricht aber der „Logik des Marktes“: Warum sollte ich mit meinen KonkurrentInnen zusammenarbeiten, wenn doch mein größtes Ziel ist, diese wirtschaftlich zu vernichten? Also ging die Entwicklung schnell hin zu Kohleverbrennungsmotoren, die einzelne Industrielle besitzen und kontrollieren konnten. Die umweltfreundliche, sichere Energiequelle Wasser wurde also aufgrund wirtschaftlicher Zwänge durch eine umweltschädliche ersetzt. Kohle und später Öl und Gas – in hunderttausenden Jahren angesammelte, hochkonzentrierte Energieträger – wurden zum Motor der Industrialisierung weniger Jahrzehnte.

Heute brauchen nicht mehr alle, die Strom haben möchten, einen eigenen Dampfmotor im Keller. Wir haben eine flächendeckende Energieversorgung. Aber die liegt zum Großteil in den Händen riesiger Energiekonzerne. Ihre Kriterien bei der Auswahl wie Energie produziert werden soll, geht danach, was am meisten Profit bringt. Und nicht danach, was die Umwelt schonen könnte – also genauso wie vor 200 Jahren. Das sture Festhalten der Energiekonzerne an Kohlekraftwerken oder sogar dem Bau neuer Kraftwerke wie „Datteln 4“ in NRW zeigt das deutlich. Deutsche Konzerne profitieren und arbeiten auch mit an der Umweltzerstörung in anderen Teilen der Welt. Zuletzt bewies das der Münchner Siemens-Konzern, der Technik für eine der weltweit größten neuen Kohleminen in Australien liefern will und trotz massiver, weltweiter Proteste unter dem Hashtag #stopAdani an dem 18 Millionen Euro-Auftrag festhält. Durch sogenanntes „green washing“ versuchen sich Konzerne als besonders nachhaltig zu geben, während sie weiter fröhlich unser Klima gegen die Wand fahren. Google hat vor kurzem mit großem Tamtam verkündet, seine Server nur noch mit erneuerbaren Energien zu betreiben. Gleichzeitig bietet die Konzern-Abteilung für Künstliche Intelligenz Computerprogramme für die Ölindustrie an, um noch mehr Ölreserven im Boden zu lokalisieren, effektiver abzubauen und verbrennen zu können. In diesen Industrien lässt sich nämlich sehr viel Geld verdienen.

Ein anderes Beispiel: In Frankreich wurde 2019 ein täglich fahrender Güterzug, der Lebensmittel aus allen Teilen des Landes zum „Rungis“-Großmarkt bei Paris gebracht hat, durch jährlich 25.000 LKWs ersetzt (das sind ca. 60 jeden Tag). 25.000 LKWs ersetzen einen Zug, der 90 Prozent weniger CO2-Ausstoß produziert hat. Grund dafür? Der französische Staat als Besitzer des Schienennetzes, die landwirtschaftlichen ProduzentInnen und der private Betreiber des Großmarktes konnten sich nicht auf eine weitere Finanzierung des Zugbetriebs und eine Modernisierung der Waggons einigen. Das erinnert an die Fabrikbesitzer im 19. Jahrhundert, die sich nicht für den gemeinsamen Ausbau der Wasserkraft als Energiequelle einsetzten: Ein vernünftiges und nachhaltiges Zusammenwirken ist nicht möglich, da es im Widerspruch zu einem System der Konkurrenz steht, das alle zwingt, möglichst viel Kapital für sich selbst herauszuschlagen.

Es ist also klar: Weder die Bosheit der Menschen noch falsche individuelle Konsumentscheidungen sind an der Klimakatastrophe schuld. Es ist ein System, in dem folgenschwere Entscheidungen getroffen werden, um auf dem Markt zu bestehen. Und das meist von Managern, die von den konkreten Auswirkungen ihrer Handlungen auf Mensch und Umwelt herzlich wenig mitbekommen. Die Quittung erhalten die Lohnabhängigen dennoch: Durch Lohnkürzungen, längere Arbeitszeiten und schlechtere soziale Absicherung. Die Folgen für die Natur, zum Beispiel durch Treibhaus-Emissionen, Entsorgung von Müll und Giftstoffen in Gewässern, Ausbeutung von Böden und Massentierhaltung, sind auch deutlich zu spüren. Man könnte auch sagen: Die Gewinne werden privatisiert, indem sich wenige Aktionäre und Kapitalbesitzende den Reichtum aneignen. Und die Verluste, Müll und Umweltzerstörung werden der gesamten Gesellschaft aufgedrückt. Mit der zerstörten Natur und den Folgen des Klimawandels müssen wir alle, besonders die Ärmsten der Welt, fertig werden. Von dem Reichtum, der daraus erschaffen wird, bekommen wir kaum etwas ab.

Es geht auch anders!

Dabei gäbe es schon längst technologische Lösungen für viele unserer Umweltprobleme: Erneuerbare Energien, Aufforstung, Recycling-Anlagen, Schadstofffilter. Einzelne Maßnahmen können die gesamte Krise aber nie lösen. Dafür braucht es – wie wir in den Beispielen gesehen haben – kollektives Handeln. Eine Energiewende, Umstellung auf eine nachhaltige Lebensmittelproduktion, Übergang von individuellem zu öffentlichem Nahverkehr, all dies kann nur durch gesamtgesellschaftliches Handeln durchgesetzt werden. Kein Markt, auf dem verschiedene Interessen miteinander streiten, wird das tun. Nur eine Wirtschaft, die dem Willen und den Interessen der gesamten Menschheit unterworfen ist und nicht umgekehrt.

Erfahrungen aus sozialistischen Versuchen der Geschichte zeigen: Eine Wirtschaft, die nicht dem inneren kapitalistischen Konkurrenzdruck unterworfen ist, sondern nach anderen Gesichtspunkten organisiert wird, kann auch Umweltprobleme anders angehen. Der Inselstaat Kuba zum Beispiel verankerte (als Reaktion auf die Versorgungskrise durch Wirtschaftsblockaden und die eigenen begrenzten Ressourcen) in den 90er Jahren Nachhaltigkeit in der Verfassung. Die Regierung startete Kampagnen zum Energiesparen, förderte Solar- und Biogasanlagen und umweltschonende Lebensmittelproduktion. Heute ist Kuba vom WWF mehrfach als nachhaltigstes Land der Welt ausgezeichnet und hat gleichzeitig mit den höchsten Lebensstandard in Lateinamerika. Das zeigt: Umweltzerstörung ist kein notwendiges Übel moderner Entwicklung. Es hängt an politischen Entscheidungen. Und die können wir nur in die richtige Richtung lenken, wenn wir den Konzernen die Kontrolle über unser Leben, die Produktion und Natur entreißen. Nur wenn wir sie enteignen, in kollektiven Besitz überführen und die Wirtschaft demokratisieren, sind nachhaltige und soziale Maßnahmen tatsächlich langfristig durchzusetzen.

Eine der großen Aufgaben in einer sozialistischen Gesellschaft wird es sein, eine neue Art von „Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur“ aufzubauen, der allen Menschen ein erfülltes Leben ermöglicht und gleichzeitig die Ressourcen der Natur ständig regeneriert und für künftige Generationen erhält. Es sind nicht nur die Eigentumsverhältnisse, die einem radikalen Bruch unterzogen werden müssen, sondern auch die Art, wie und was wir produzieren. Die Konzepte dafür können wir nur gemeinsam entwickeln, in einer geplanten Wirtschaft und zusammen mit allen Menschen, die es betrifft.