Über diese Zeitung
Hinweis: Ein Teil der Texte zur 1. Mai Zeitung wurden vor der Corona-Ausbreitung in Deutschland verfasst. Seit dem haben sich die Ereignisse überschlagen und sind einige große Frühjahres-Mobilisierungen ausgefallen, auf die in den Texten noch Bezug genommen wurde.
Der Tag steht wie kein anderer für den grenzübergreifenden Kampf der lohnabhängigen Klasse für die Durchsetzung ihrer gemeinsamen gesellschaftlichen Interessen. Dabei geht es einerseits um konkrete Verbesserungen der Lebenssituation durch höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, die aktive Unterstützung der schwächsten Teile der Gesellschaft und um mehr Mitbestimmung im Wirtschaftsleben und in der Politik. Andererseits werden an diesem Tag, schon seit seinem Bestehen als internationaler Kampftag, Ansätze und Perspektiven für eine sozialistische Gesellschaftsorganisation jenseits der weltumspannenden kapitalistischen Herrschaft sichtbar gemacht. Auf allen Kontinenten strömen an diesem Tag Millionen Menschen auf die Straßen, um den herrschenden Verhältnissen ihre Entschlossenheit und ihre Solidarität im Kampf um ein besseres Leben entgegenzusetzen.
In dieser Zeitung beschäftigen wir uns mit dem Zustand dieses kriselnden Gesellschaftssystems und mit verschiedenen Kämpfen und Bewegungen, die schon heute zeigen, dass die Welt nicht so bleiben muss, wie sie ist. Wir hoffen, damit nicht nur Fakten und Argumente, sondern vor allem Motivation für‘s Einmischen und Beteiligen zu vermitteln…Viel Spaß beim Lesen!
Wer wir sind
Perspektive Kommunismus hat sich im April 2014 gegründet. Wir sind kommunistische Gruppen aus verschiedenen Städten im Bundesgebiet. Unser Ziel ist der Aufbau einer bundesweiten, aktionsorientierten und revolutionären Organisation. Über gemeinsame Debatten und politische Kampagnen wollen wir die Basis für eine solche Struktur schaffen. Wir sind nicht die einzigen, die einen Teil zu einem solchen revolutionären Aufbauprozess beitragen werden, weshalb der Kontakt und die gemeinsame Arbeit mit anderen linken und revolutionären Gruppierungen ein wichtiger Aspekt unserer Politik ist. Der Ausgangspunkt unserer Arbeit sind immer die konkreten Kämpfe und Bewegungen in den einzelnen Städten: Für Solidarität und gemeinsame Stärke unter den Lohnabhängigen, gegen die Gefahr von Rechts und den Aufbau des Sicherheitsstaates, für den Kampf gegen die besondere Ausbeutung und Unterdrückung der Frauen, gegen imperialistische Kriege und für internationale Solidarität mit den Ausgebeuteten und Unterdrückten weltweit. Ein politischer Grundlagentext, Aufrufe zu gemeinsamen Mobilisierungen und Infos zu den beteiligten Gruppen finden sich auf unserer Homepage: perspektive-kommunismus.org
Als Klasse kämpfen!
Streiken! Gegenmacht aufbauen!
Der von Hunderten erwartete Fernzug hat nicht nur Verspätung – er wird überhaupt nicht fahren. Die U-Bahn, eigentlich die schnellste Möglichkeit um vom menschenleeren Bahnhof wieder nach Hause zu kommen, steht seit Wochen im Depot. Autofahren wäre zwar eine Option, aber mit zigtausenden Menschen, die die Straßen der Innenstädte mit Demonstrationen und Blockaden dichtmachen, ist auch das kein Vergnügen. Grund für Ärger und Frust? Im Gegenteil! Fast 70% der Bevölkerung halten diesen Zustand für gerechtfertigt, Millionen von Euros werden gespendet, um die Streikenden zu unterstützen, die ohne Lohnfortzahlungen sonst schnell mit leeren Taschen dastehen und trotzdem weiter kämpfen.
So machen sie‘s in Frankreich!
Was war da los in Frankreich im vergangenen Winter? Der Kampf der lohnabhängigen Bevölkerung gegen eine geplante Rentenreform wurde zu einem besonderen Ausdruck der Stärke und Solidarität, nicht nur durch den längsten landesweiten Bahnstreik der letzten Jahrzehnte. Vom Erzieher, über den Kanalarbeiter, den Feuerwehrleuten und der Belegschaft der Öl-Raffinerie bis hin zur Anwältin und der Tänzerin der Pariser Oper – sie alle und hunderttausende Andere beteiligten sich daran, den Normalbetrieb im ganzen Land immer wieder lahmzulegen, um sich gegen die Regierungspläne zu wehren. Linke Gewerkschaften waren ein zentraler Teil der Kämpfe, aber die selbstbestimmten Streik- und Protestaktionen aus der Gewerkschaftsbasis zusammen mit unzähligen unorganisierten ArbeiterInnen gaben den Takt vor.
Mit dem Widerstand gegen die Rentenreform stellte sich die französische ArbeiterInnenschaft nicht nur gegen die Absenkung der Rente um 25%. Sie stellt sich auch dagegen, dass der Staat Gelder aus dem öffentlichen Rentensystem zieht, um den Versicherungskonzernen, mit ihrer privaten Altersvorsorge, Profite zu garantieren. Die ArbeiterInnen wehren sich seit Jahren gegen das neue französische „Arbeitsgesetz“ und hartnäckig gegen ein großangelegtes politisches Programm, das Macron mit aller Gewalt durchzupeitschen versucht. Die teils klassenkämpferischen Gelbwestenproteste spielten da keine unwesentliche Rolle. Es geht um ein Programm, das in Deutschland bereits seit bald 20 Jahren Realität ist: Arbeitsverhältnisse ohne Sicherheiten und mit kläglichem Auskommen, Steuerentlastungen vor allem für die großen Player unter den Kapitalisten, Privatisierung in allen Bereichen der staatlichen Versorgung und Infrastruktur, ein Staat, der nicht einmal mehr vorzugeben versucht, die Gegensätze zwischen Besitzenden und Lohnabhängigen abzufedern und mit Zwang gegen Letztere vorgeht. Die von der SPD und den Grünen verwirklichte „Agenda 2010“ auf französisch. In Deutschland wurde das neoliberale Paket mit dem unterfüttert, was heute als Hartz 4 bekannt ist. Kein Mensch käme auf die Idee, dieses Armuts- und Kontrollprogramm für das soziale Abstellgleis ernsthaft als „Hilfe für den beruflichen Wiedereinstieg“ oder „rettendes Auffangnetz“ zu bezeichnen.
Man muss nicht auf die „nationale Mentalität“ der französischen Bevölkerung verweisen, um zu verstehen, warum sie im Angesicht der Pläne ihrer Regierung immer wieder kraftvoll aufsteht und den Herrschenden Druck macht. Wer lässt sich schon freiwillig von Leuten bestehlen und bevormunden, die ohnehin schon mehr haben, als sie jemals ausgeben könnten? Stellt sich die Frage, ob die Situation in Deutschland eine wirklich andere ist. Geht es uns hier, wie so oft behauptet wird, einfach nur zu gut, um im Widerstand zusammenzukommen? Im Gegenteil:
Die Lage in Deutschland? Kein bisschen besser!
Wer ernsthaft noch am Märchen von allgemeinem Wohlstand und Fortschritt in diesem Gesellschaftssystem festhält, lebt entweder in einer abgehobenen Wohlstandsblase, oder profitiert selbst davon, dass andere den Unsinn glauben. Den letzten Kriseneinbruch ab 2008 konnten die großen deutschen Banken und Konzerne ganz gut wegstecken. Dank des schon Jahre vorher aufgebauten riesigen Niedriglohnsektors, durch Kurz- und Zeitarbeit, milliardenschwere staatliche Unterstützung und ihre fette Exportwirtschaft zu Lasten von wirtschaftlich schwächeren Ländern. Mehr noch: Die deutsche Regierung nutzte die Situation, um sich mit ihren kapitalistischen Schwergewichten im Rücken an die Spitze des Machtblocks EU zu stellen. Sie bestimmt seit Jahren wie das Krisenmanagement hier zu laufen hat und bereitet zig Millionen Lohnabhängigen vor allem in Südeuropa durch verordnete Sparauflagen und Privatisierungen ein Leben in Unsicherheit und Armut.
Das Herzstück der deutschen Wirtschaft, die auf den Export ausgerichtete Industrie mit ihren unzähligen mittelständigen Zulieferern, trifft aktuell die Vorbereitungen für den nächsten Kriseneinschlag. Die Auftragszahlen sind rückläufig und die internationalen Widersprüche zwischen der EU, den USA und China, verstärken den Druck, immer kostengünstiger und flexibler zu produzieren. Dem deutschen Exportkapital geht es nun um zwei Ziele:
1. Überkapazitäten abzubauen: Das bedeutet in erster Linie: Entlassen. LeiharbeiterInnen zuerst, dann geht es an die Stammbelegschaften, deren Tarifbindung der Industrie sowieso schon lange ein Dorn im Auge ist. Über 80.000 Stellen sollen in der Industrie in den nächsten Jahren geplant abgebaut werden. Und alle mit Rang und Namen sind dabei: Audi, Daimler, VW, Ford, Schaeffler-Continental, Thyssen-Krupp, BASF…
2. die sogenannte Transformation einzuleiten: Die Automatisierung und Digitalisierung der Produktion. Sie steht in direktem Zusammenhang mit den Entlassungen. Arbeitskräfte überflüssig machen, die verbliebenen Arbeiten abwerten und jeden Arbeitsschritt der totalen Kontrolle von Maschinen und ihren errechneten Vorgaben unterwerfen.
An sich wäre es ja keine schlechte Sache, wenn effektiver und mit weniger Arbeitskraft produziert werden könnte. Nur müssten die ArbeiterInnen diejenigen sein, die dadurch entlastet werden und sich die neuen Technologien zunutze machen. Das Gegenteil ist der Fall: Die schnelle Weiterentwicklung der kapitalistischen Produktion wird verbunden sein mit weiteren Angriffen auf die Arbeitsplätze und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Darüber wird es mit den Kapitalgrößen nichts zu verhandeln geben.
Das Ziel der deutschen Kapitalisten ist, sich auf den chaotischen Weltmärkten mit harten Bandagen durchzusetzen. Das bekommen nicht nur IndustriearbeiterInnen und die einfache Bevölkerung in den schwächsten EU-Staaten zu spüren. Bei einer repräsentativen Befragung unter Beschäftigten in Deutschland im vergangenen Jahr gab über die Hälfte an, sich bei der Arbeit (sehr) häufig gehetzt zu fühlen, ein Drittel musste in der gleichen Zeit deutlich mehr Arbeit bewältigen, als in den Vorjahren und 40% gehen davon aus, dass sie es nicht schaffen werden, ihre jetzige Arbeit bis zum Renteneintritt durchzuhalten. Die „Zukunftsbranche“ IT-Arbeit steht dabei ganz vorne bei Überlastung und Stress. Migrantische TagelöhnerInnen, die sich für ein paar Euro unter menschenunwürdigen Zuständen für den Boom der deutschen Bauindustrie krumm schuften, unter Dauerstress in Unternehmen und staatlichen Einrichtungen putzen und privatisierte Pflegedienste leisten; Menschen, die trotz mehrerer Jobs gerade so über die Runden kommen… Die deutsche Arbeitswelt ist weit davon entfernt ein „Erfolgsmodell“ zu sein – zumindest nicht für einen Großteil derer, die die Arbeit auch selbst zu leisten haben.
Auch wenn das in den gängigen Wirtschaftsnachrichten keine Beachtung findet: Wir alle, die nicht in Chefetagen sitzen oder in ihrem Sinne managen, beraten und verwalten, sind nicht nur der absolute Großteil der Bevölkerung, sondern auch Dreh- und Angelpunkt für alle wirtschaftlichen Entwicklungen. Unsere Bedürfnisse und Hoffnungen, unsere Erfahrungen und Gestaltungsvorschläge sollten nicht nur Gehör finden. Sie sollten endlich die Hauptrolle spielen in dieser Welt, die von einer kleinen Klasse von Besitzenden an den Rand des Abgrunds manövriert wurde!
Kämpfe entwickeln. Die Zeit ist reif!
Die Kämpfe in Frankreich und die bisherige Zurückhaltung in Deutschland finden nicht in unterschiedlichen Universen statt. Hinter den verschiedenen Fassaden schwelt der gleiche Klassenkonflikt. Es gibt hier etwa 45 Millionen Lohnabhängige und rund 7,5 Millionen davon sind Gewerkschaftsmitglieder – das sind fast 17%. Die gemeinsamen Klasseninteressen der ArbeiterInnen spielen also offensichtlich noch immer eine Rolle in unser Gesellschaft. Damit ist nicht gesagt, dass jedes Gewerkschaftsmitglied ein Verständnis für Klassenkampf hat, geschweige denn, dass wir hier auf einige Millionen streikwillige und voranpreschende ArbeiterInnen zählen können. Es heißt aber auch nicht, dass die handzahme Politik der Gewerkschaftsführungen allen Mitgliedern passt. „Vertrauensvolle“ Absprachen mit Konzernbossen zu angeblichen Zukunftspaketen und zur Standortsicherung wirken auf den ersten Blick vielleicht beruhigend, sorgen letzten Endes aber nur für eine stärkere Abhängigkeit von den sowieso schon übermächtigen Konzernen und die weitere Spaltung unserer Klasse. Bei den schlechten Deals, die selten überhaupt eingehalten werden, verlieren immer vor allem diejenigen, die ohnehin schon am schlechtesten dran sind: Aus den prekär Beschäftigten wird der verlorene Profit wieder herausgepresst, Arbeitslosigkeit wird nicht an der Wurzel bekämpft, sondern zum Druckmittel, um Löhne weiter zu senken.
Wer in der Gewerkschaft ist, um vereint für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu kämpfen, muss den Mund aufmachen, den Konflikt mit den Kapitalisten und der Sozialpartnerschaft suchen und wird schnell sehen, dass er oder sie nicht alleine ist. Für ein solidarisches Miteinander unter den KollegInnen zu sorgen, ohne Konkurrenzdenken und Missgunst, ist der erste Schritt. Auf dieser Grundlage kann sich vieles entwickeln. Spontane, kreative und unbefristete Streiks, Streiks mit Betriebs-Blockaden, Mittagspausen, die zu Protestdemonstrationen werden, Betriebsversammlungen, die zu Streikkundgebungen werden – all das gibt es immer wieder auch hier in Deutschland. Abgesehen davon, dass Arbeitskämpfe das einzige Mittel sind, mit dem wir uns gegen weitere Einschnitte in der kommenden Krise wehren können, geben sie uns etwas, das langfristig noch mehr Wert ist, als diese oder jene Tagesforderung:
Kollektivität und Perspektive!
Um für ein besseres Leben zu kämpfen, ist zwar besonders der Widerstand in der Arbeitswelt wichtig, er reicht aber noch lange nicht aus. Viele zehntausende Menschen haben sich hier in den vergangenen Jahren gegen die Klimakatastrophe und ihre Profiteure und gegen den nach kurzfristigem Profit ausgerichteten Wohnungsmarkt erhoben. Auch wenn die Anlässe verschiedene sind, zeigen sie doch, dass selbstbewusste, soziale und politische Bewegungen von unten wieder in Fahrt kommen können: Die Trennlinien nach Herkunft, Geschlecht, Alter usw. hinter sich lassen, die gemeinsamen Interessen an einer anders eingerichteten Gesellschaft erkennen, dafür auf die Straße gehen und den Konflikt wagen, Solidarität erleben und zäh bleiben. Das sind nicht nur Erfahrungen, die wir im Streik, ebenso wie bei der Besetzung der Kohlegrube und der räumungsbedrohten Wohnung machen, es sind Erfahrungen, die den Weg hin zu einem Bruch mit diesem Gesellschaftssystem aufzeigen. Dass wir dabei immer wieder mit dem Staatsapparat und seinem Polizeiaufgebot aneinandergeraten, ist ebenso Teil davon, wie die gegenseitige Solidarität und Unterstützung über Milieu- und Ländergrenzen hinweg.
Und wofür das alles? Für eine Gesellschaft, die wir verantwortungsbewusst nach den Interessen der Mehrheit und der zukünftigen Generationen aufbauen! Das ist keine Spinnerei, sondern ganz einfach notwendig – wenn wir den Planeten nicht weiter zugrunde richten oder im nächsten Verteilungskrieg draufgehen wollen. Wir brauchen: Eine bedürfnisorientierte und nachhaltige Wirtschaft, geplant und gesteuert auf dem hohen Niveau der technischen und wissenschaftlichen Möglichkeiten unserer Zeit; eine Rätedemokratie, in der Mitgestaltung, Verantwortung und soziale Verpflichtung jede und jeden von uns betreffen und nicht länger voneinander getrennte Phrasen sind; eine Kulturlandschaft, in der Vielfalt, Kollektivität und individuelle Entfaltung die stumpfen Gesetze der Marktwirtschaft ersetzen.
Entweder all das – oder Barbarei.
Wir haben es in der Hand!
Ruhe und Unterordnung im Arbeitsleben? Es geht auch anders! Das Feuer der wilden Streiks in Deutschland
„Komm mit, komm mit!“ tönten die Rufe in alle Abteilungen beim Stahlkonzern Hoesch in Dortmund am 2. September 1969. Es war der Auftakt einer Welle von wilden bzw. spontanen Streiks, wie es sie davor und danach nicht mehr in der Bundesrepublik gegeben hat. Die ArbeiterInnen bei Hoesch hatten genug von Überstunden und Arbeitsbelastung. Und davon, dass Hoesch ihnen nach schleppenden Verhandlungen trotz Boom in der Stahlindustrie nur 15 Pfennig (heute umgerechnet 20 Cent) Zulage pro Stunde anbot. Die wären bei der nächsten Tariferhöhung aber angerechnet, also wieder einkassiert worden. Ohne Rücksprache mit der IG Metall legten die StahlarbeiterInnen darauf ihre Arbeit nieder und zogen als Demonstration durchs Werk bis vor das Gebäude der Firmenverwaltung. Peter Keuthen, damals Betriebsschlosser, erinnert sich: „Alle gingen nach vorne und wollten doch mal gucken, was jetzt da eigentlich los ist. Und so wurden das immer mehr, und mittags waren‘s dann ungefähr fünftausend, die gesamte Frühschicht, die sich da vorne versammelt hat.“ Ihre Forderung lautete jetzt: 30 Pfennig (heute 41 Cent) mehr pro Stunde! „Wir haben ein bisschen Schiss gehabt vor Konsequenzen. Aber mutig sind wir geworden dadurch, dass wir gesehen haben, wie viele Arbeiterinnen und Arbeiter für diese Forderung eingestanden haben“, beschreibt der damalige Lehrling Lothar Stankus die Situation. Die ArbeiterInnen besetzten den Platz vor der Verwaltung, beschlagnahmten ein Werkschutz-Auto als „offenes Mikrofon“ für Diskussionen und zogen am nächsten Tag zu zehntausend durch Dortmund. Wilde Streiks, die nicht im Rahmen von Tarifkämpfen unter Kontrolle der Gewerkschaftsführung stattfinden, waren damals illegal und sind es auch heute noch. Doch der Hoesch-Konzern erfüllte am selben Tag die Forderung der Streikenden nach 30 Pfennig Lohnerhöhung! „Das war eigentlich unbeschreiblich. Da hatte man das Gefühl, dass man da als Belegschaft nicht ganz hilflos ist. Wenn man mal den Hammer fallen lässt, dass das auch Auswirkungen hat“, so Peter Keuthen, „Wir waren stolz wie Bolle!“
Der Erfolg bei Hoesch trat eine Welle wilder Streiks los, die als „Septemberstreiks“ in die Geschichte eingingen. Die Gewerkschaften hielten sich damals mit Lohnforderungen zurück, weil sie mit Unternehmerverbänden und Regierung in der „Konzertierten Aktion“ zusammenarbeiteten. Fritz Berg, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie wünschte sich öffentlich, man „hätte ruhig schießen sollen, einen totschießen, dann herrschte wenigstens Ordnung“. Trotz solcher Drohungen traten als nächste 65.000 ArbeiterInnen in den Bergwerkszechen von Bayern über das Saarland und Ruhrgebiet bis Bremen in den Streik. Gegen den Willen der IG Bergbau, deren Funktionäre versuchten die „Unruhestifter“ der Streikbewegung zu „stoppen“. Hierbei schreckten sie nicht vor Lügen über Streikabbruch und Einschüchterung, die Kumpel würden ihre Krankenkasse verlieren, zurück. Im Stahlwerk Kloeckner in Bremen streikten 6.000 ArbeiterInnen. Hier waren KommunistInnen im Betriebsrat und in der Gewerkschaftsbasis stark vertreten. ArbeiterInnen besetzten die wichtige Mischanlage für flüssiges Roheisen, um die Firmenleitung unter Druck zu setzen. StreikbrecherInnen auf dem Werksgelände wurden vor die Wahl gestellt: „Wenn Ihr nicht aufhört mit Arbeiten und nicht mit uns kämpft für Lohnerhöhungen, dann kommt jetzt das Rollkommando! Also, hier ist Schluss! So herrschte Betriebsruhe im Werk, restlos.“, schildert es Betriebsrat Erich Kassel. Der Streik endete erfolgreich mit einer Lohnerhöhung von 16 Prozent!
Die Septemberstreiks brachten die höchsten Lohnsteigerungen jemals und stärkten das Selbstbewusstsein der ArbeiterInnen. Die Gewerkschaften bekamen eine Million neue Mitglieder und wurden zu einer offensiveren Tarifpolitik getrieben. Ihr Führungspersonal hingegen setzte alles daran, wieder die Kontrolle zu erlangen, um die Streiks in geordnete, sozialpartnerschaftliche Bahnen zu lenken. Dennoch boomten wilde Streiks, getragen vor allem von migrantischen ArbeiterInnen bis ins Jahr 1973. Berühmt wurden die Kämpfe bei Ford in Köln und bei Pierburg in Neuss. Beim Autozulieferer Pierburg kämpften v.a. Arbeiterinnen aus Jugoslawien, Spanien, Italien und Griechenland dagegen, dass sie in sogenannten „Leichtlohn“-Gruppen schlechter bezahlt wurden als ihre männlichen deutschen Kollegen. Die Frauen streikten im August 1973 acht Tage lang. Zunächst griff die Polizei die Streikenden brutal an. Dann solidarisierten sich die deutschen Facharbeiter mit den Forderungen der Kolleginnen und legten ebenfalls ihre Arbeit nieder. Am Ende musste Pierburg die diskriminierenden Niedriglohn-Gruppen abschaffen.
Im Kölner Ford-Werk traten wenige Tage später bis zu 12.000 ArbeiterInnen in den Streik. Ein Drittel der Belegschaft waren türkische KollegInnen. 300 von ihnen war gekündigt worden, weil sie es nach den Werksferien nicht rechtzeitig vom Familienurlaub aus der Türkei zurück geschafft hatten. Die Streikenden forderten die Rücknahme der Kündigungen, höhere Löhne und erträglichere Arbeitsbedingungen. Betriebsrat und IG Metall stellten sich gegen den Streik. Die BILD hetzte: „Türken-Terror in Köln“. Die Ford-Geschäftsleitung organisierte eine Streikbrecher-Demo im besetzten Werk. Der Angriff dieser Gruppe auf die Streikenden gab der Polizei den Vorwand, den Streik niederzuschlagen.
Trotz solcher Niederlagen sollten uns die spontanen Streiks mit ihren selbstbestimmten Kampfformen heute wieder Vorbild sein. Die Vorgaben der Gewerkschaftsführung, die aus unterschiedlichen Gründen die offensive Auseinandersetzung scheuen, können nicht der Maßstab sein. Es zählt, was unsere Interessen als Lohnabhängige voranbringt. In den Betrieben und in den Gewerkschaften müssen wir die klassenkämpferische Praxis stärken, die offensiv den Konflikt zur Kapitalseite sucht. Dafür brauchen wir Organisierung, Vertrauen in unsere Kraft und den Mut, über die Grenzen dieses Systems und seiner Institutionen hinaus zu denken und zu stürmen!
Für die Befreiung der Frau kämpfen!
So wie es ist…
Im Kapitalismus werden sowohl Männer als auch Frauen als Lohnabhängige ausgebeutet. Und in der Familie trifft es einen Großteil der lohnabhängigen Frauen gleich noch einmal: Sie werden dort zusätzlich in die Rolle der sorgenden Ehefrau und/oder Mutter gedrängt – und damit zu kostenlosen Reproduktionsarbeiterinnen für das Kapital. Was das heißt? Ein funktionierender Haushalt und auch Erziehungs-, Pflege- und emotionale Sorgearbeit, gewährleisten, dass Arbeitskraft wiederhergestellt wird bzw. überhaupt ständig verfügbar ist. Es sind gesellschaftlich notwendige Arbeiten und doch wird davon ausgegangen, dass sie im Privaten unbezahlt und vor allem von Frauen erledigt werden.
Auch wenn sich das traditionelle Familienbild gewandelt hat und heute eher gleichberechtigte Partnerschaften, in welchen Männer und Frauen gleichermaßen über ein gesichertes Einkommen verfügen, als Idealbild gelten, wirken die geschichtlichen Ursprünge der Familie mit ihren klaren Rollenbildern bis heute nach. Noch immer übernehmen Frauen den Großteil der unbezahlten Reproduktionsarbeit. Während Frauen täglich zwei Stunden in Kinderbetreuung und zwei Stunden in Aufgaben wie Kochen, Putzen und Wäschewaschen investieren, ist es bei Männern durchschnittlich jeweils nicht einmal eine Stunde. Sobald Kinder Teil des Lebensalltags sind, steigt die Differenz der Arbeitsteilung noch weiter, sodass Frauen drei mal so viel Zeit für‘s Kochen, Waschen und Putzen aufwenden. Auch wenn Männer und Frauen – Lohn- und Hausarbeit zusammengenommen – statistisch insgesamt ungefähr gleich viele Stunden arbeiten, werden Frauen aufgrund der Arbeitsverteilung nur für einen Bruchteil bezahlt, nämlich nur für ihre Lohnarbeit.
Die Abwertung der weiblichen Arbeitskraft setzt sich auch im Berufsleben fort: Frauen verdienen bis heute bei vergleichbaren Tätigkeiten und Qualifikationen zwischen 2 und 7% weniger, als ihre männlichen Kollegen. Gerade klassische „Frauenberufe“ – in Krankenhäusern, im Einzelhandel, in der Reinigungsbranche, im Sozial- und Erziehungsdienst – zeichnen sich durch generell niedrige Löhne und ein hohes Maß an Teilzeit- oder geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen aus. Von dem Einkommen dieser Berufe können viele Frauen nicht leben, sondern müssen mit Sozialleistungen oder weiteren Jobs aufstocken oder sind finanziell von ihren Partnern abhängig. Die Entscheidung für einen Teilzeit- oder Minijob ergibt sich dabei nicht aus Bequemlichkeit, sondern vielmehr aus dem Druck, zusätzlich zur Lohnarbeit noch die Betreuung und Versorgung von Kindern und weiteren Familienmitgliedern zu organisieren.
…muss es nicht bleiben!
Als Frauen kämpfen wir daher durchaus für unsere Gleichberechtigung, denn jeder Schritt in diese Richtung ermöglicht uns – auch im Kapitalismus – Spielräume zu einem selbstbestimmteren Leben. Sei es das Recht auf Abtreibung oder für eine ausgewogene Aufteilung der Reproduktionsarbeit zwischen Männern und Frauen. Zum anderen kämpfen wir aber auch für die Überwindung des kapitalistischen Systems, in welchem wir als lohnabhängige Frauen und Männer ausgebeutet werden. Ein solidarisches gesellschaftliches Zusammenleben, staatlich organisierte Kinderbetreuung, Angehörigen- und Krankenpflege oder Essensmöglichkeiten, die nicht einer Profit- und Konkurrenzlogik folgen, sondern sich an den Interessen und Bedürfnissen der Menschen orientieren, sind nur in einer Gesellschaft fernab vom Kapitalismus möglich.
Frauenkampf heißt Klassenkampf!
AfD – ein Herz für‘s Kapital
„Für die kleinen Leute“ – mit einer solchen Selbstdarstellung versuchten Rechte und Faschisten immer schon, die Bevölkerung zu ködern. Eine alte Leier und dabei heute so falsch wie damals. Die Nazis im deutschen Faschismus haben sich selbst als „sozialistisch“ und „revolutionär“ bezeichnet und Symbole und Rhetorik der ArbeiterInnenbewegung kopiert. Am Ende schufen sie jedoch nichts anderes als einen Terrorstaat mit dem die großen deutschen Banken und Konzerne, die Eliten aus Staat und Militär und adlige Grundbesitzer ihre Interessen mit aller Gewalt durchsetzen konnten. In der angeblichen „Volksgemeinschaft“ stiegen die Profite und direkten politischen Einflussmöglichkeiten der einen, während die Gewerkschaften der anderen verboten wurden. So sehr die Nazis in ihrer antisemitischen Hetze die „schaffende Arbeit“ im Gegensatz zum angeblich jüdischen „raffenden“ Kapital auch glorifizierten – sie haben dafür gesorgt, dass die Ausbeutung der Arbeitskraft ohne staatliche oder moralische Grenzen im wahrsten Sinne des Wortes voran gepeitscht werden konnte, während die befreundeten Großunternehmer die Sektkorken knallen ließen.
Wir befinden uns nicht in einer Situation, in der eine rechte Massenbewegung mit Hilfe von besitzenden Eliten aus Wirtschaft, Staatsapparat und Militär zur sofortigen Machtübernahme fähig wäre. Noch nicht. Faschistische Terroristen mordeten alleine in den vergangenen zwölf Monaten in Hanau, Halle und Kassel. Rechte Netzwerke in der Bundeswehr und den staatlichen Sicherheitsorganen experimentieren heute schon mit Anschlagsszenarien, militärischem Training und Waffenbeschaffung. Die AfD erprobt ihre neue politische Macht im bürgerlichen Parteienspektrum, wie zuletzt bei der Wahl zum Thüringer Ministerpräsidenten. Vor allem aber gruppiert sie ein breites Spektrum verschiedener rechter Strömungen um sich und verschafft ihnen mehr und mehr gesellschaftlichen Einfluss – vom rassistischen Kleinbürger, über den Nazi-Hooligan, rechte Studierende, die sich als volksdeutsche Elite fühlen, bis hin zum Unternehmer, der die EU-Konkurrenz als wirtschaftliche Gefahr begreift. Warum bezeichnet sich dieses rechte Sammelbecken als „Partei der kleinen Leute“? Weil es gut ankommt.
Auch wenn viele die Partei tatsächlich aus sozialer Verzweiflung wählen, hat sie für genau diejenigen in ihrem Grundsatzprogramm nichts anzubieten. Hartz-4-Sätze sollen nicht etwa grundsätzlich angehoben oder gegen Sanktionen geschützt werden, um die Armutsgefahr zu senken. Stattdessen soll der Arbeitszwang erhöht werden, um ab einem bestimmten Verdienst Einkommenssteuern zu kassieren. Der Mindestlohn soll dabei nicht erhöht werden. Die Pflege von Angehörigen soll in die Verantwortung der Familien verlagert werden. Staatliche Unterstützung hin oder her: Was das für Menschen mit wenig Geld, viel Arbeitsstress und kleinen Wohnungen bedeutet, die außerdem keine professionelle Ausbildung im Pflegebereich haben, ist nicht schwer auszumalen. Vor allem für die gesellschaftliche Rolle der Frauen ist das ein Rollback. Sie werden in erster Linie diejenigen sein, die dadurch wieder in den Haushalt gedrängt werden. Und genau das entspricht dem Frauenbild der AfD.
Beim Thema Rente wird es dann richtig abenteuerlich. Der wirtschaftsliberale Parteivorstand Meuthen will das Umlagesystem abschaffen und weiter privatisieren, so dass der Staat letztlich nur noch ein „Existenzminimum“ garantieren muss: Alle Lohnabhängigen, die nicht in Armut alt werden wollen, müssen ihr Geld dann jahrzehntelang den privaten Versicherungskonzernen in den Rachen werfen. Im Gegensatz dazu stellt sich ein Großteil der Partei aktuell hinter den Ansatz der rechten Hardliner um Nazi-Höcke, die die gesetzliche Rente zwar erhalten und erhöhen wollen, allerdings nur für diejenigen, die sie als „deutsch“ bezeichnen. Weniger Geld für MigrantInnen heißt weniger für diejenigen, die im Durchschnitt ohnehin schon weniger verdienen, stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind und 40% der Jobs im Niedriglohnbereich ausüben. So stellt sich der Vorsitzende der Thüringer AfD-Fraktion im Landtag seinen „Kampf gegen den Neoliberalismus“ vor. Auf ihrem „Sozialparteitag“ Ende April in Offenburg will die Partei sich für ein zukünftiges Rentenkonzept entscheiden. Es ist eine Wahl zwischen Pest und Cholera.
In Sachen Steuerpolitik packt die Partei schließlich ein Programm aus, das neoliberaler nicht sein könnte: Eine Abgabenbremse soll Gutverdienende entlasten. Die Vermögens- und die Erbschaftssteuer sollen ganz abgeschafft werden. Wer viel hat, darf viel behalten. Zum Thema Wohnraum? Nicht milliardenschwere deutsche Immobilienkonzerne wie z.B. „Deutsche Wohnen“ mit ihrem Mietwucher sollen das Problem sein, sondern der Zuzug von Geflüchteten und ausländische Investoren auf den deutschen Markt. Ein Mietendeckel riecht der Partei zu sehr nach „Sozialismus“, daher soll es ihn natürlich nicht geben. Dafür belohnte der Berliner Immobilienspekulant Krawinkel die AfD jüngst mit 100.000 Euro Spende!
Weil die AfD gerade in der Sozialpolitik dafür bekannt ist viel zu mosern, ohne eigene Standpunkte zu haben, macht es Sinn, die wichtigsten, teils widersprüchlichen Orientierungen, die sich in ihrer Politik immer wieder finden, festzuhalten:
1. Die AfD ist seit ihrer Gründung stark vom marktradikalen Lager geprägt. Der Staat soll möglichst wenig in die Versorgung der Bevölkerung und die Infrastruktur eingreifen. Sozialausgaben sollen bis auf ein Minimum reduziert werden. Die Unternehmer, Banken und Konzerne sollen nicht nur weiter die Produktion und den Handel kontrollieren, sondern durch Privatisierung auch aus den ehemals öffentlichen Bereichen wie Wohnraum, Verkehr, Entsorgung, Energieversorgung, Gesundheit etc. ungehemmt Profit schlagen. Wer einmal mit einem Wohnungskonzern wie „Vonovia“ Bekanntschaft gemacht hat oder für einen privaten Klinikbetreiber wie „Asklepios“ gearbeitet hat, weiß, dass das alles aber sicher nicht im Interesse der Lohnabhängigen ist. Es ist kein Zufall, dass die AfD sich in ihrer Taktiererei bei der Wahl zum Thüringer Ministerpräsidenten zumindest kurzzeitig in einen „bürgerlichen Block“ zusammen mit der CDU und der FDP hinein manövrieren konnte.
2. Der offen faschistische Teil der Partei wird immer stärker. Dieser Teil setzt auf einen starken antidemokratischen Staat und pseudosoziale Forderungen, die immer einen Teil der Bevölkerung ausschließen sollen: MigrantInnen und Geflüchtete. Die vorgeblich sozialen Forderungen dienen nicht dazu, die Rechte und Interessen der Lohnabhängigen gegen die Kapitalisten durchzusetzen, sondern dazu, die „Deutschen“ gegen alles „Fremde“ aufzustacheln. Das heißt Spaltung statt Zusammenhalt und Solidarität, Schwächung statt gemeinsamer Stärke, während die deutschen Kapitalisten sich um ihren Besitz und ihre Profite nicht zu sorgen brauchen.
3. Alle Ansätze, die tatsächlich für eine Verbesserung der Lebenssituation der Lohnabhängigen sorgen könnten, werden von der gesamten AfD abgelehnt: Organisierung und Kämpfe der Belegschaften in Betrieben gibt es in ihrer Weltsicht nicht. Frauen sollen sich nicht selbstbestimmt gegen männliche Unterdrückung und ihre gesellschaftliche Schlechterstellung wehren. MieterInnenkämpfe für die Enteignung von Wohnungskonzernen werden zusammen mit CDU, FDP und Co. abgewiesen. Der Klimawandel wird geleugnet, die Bewegung für Klimagerechtigkeit verteufelt. Internationale Solidarität und Unterstützung unter den Lohnabhängigen sind Fremdwörter. Stattdessen soll einmal mehr das Recht des Stärkeren gelten.
Der soziale Anstrich, den die Partei sich gibt, ist nicht nur lächerlich wenn man einen Blick auf die Fakten wirft. Er ist das Gegenteil von dem was wir brauchen, um diese Gesellschaft im Sinne der Mehrheit zu verändern: Das Gegenteil vom Klassenkampf von unten. Die offene Verachtung der AfD gegenüber Menschen mit der „falschen“ Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Sexualität ist Grund genug ihr den Kampf anzusagen. Dass sie dabei ganz offensichtlich auf der Seite der Profiteure im Kapitalismus steht, heißt für uns:
Den Kampf gegen Rechts mit dem Kampf für die Überwindung des Kapitalismus verbinden!
12-Millionen Streik gegen 100 Stunden Putsch!
Vor hundert Jahren war die politische Lage in Deutschland und Europa sehr unübersichtlich. Den 1. Weltkrieg hatte Deutschland gerade verloren und der Versailler Vertrag zwang die Herrschenden hier zum Rückbau ihrer Militärmacht, zu Gebietsabtretungen und Reparationszahlungen. Die Novemberrevolution 1918/1919, in der sich hunderttausende ArbeiterInnen gegen das Militär, den Adel und das Bürgertum erhoben um für Frieden, Rätedemokratie und die Vergesellschaftung der Großbetriebe zu kämpfen, war gerade niedergeschlagen. Das absolutistische Kaiserreich war zwar hinweggefegt worden, am wirtschaftlichen System, dem Kapitalismus, hatte sich jedoch nichts geändert. In Russland hingegen hatten die KommunistInnen mit der Oktoberrevolution den Zaren verjagt und eine Rätemacht aufgebaut. Sie versuchten sich in einem opferreichen Bürgerkrieg gegen Kapital, Monarchisten und ausländische Interventionsarmeen zu wehren. Die Frage, ob der Kapitalismus sich in Deutschland durchsetzt, oder ob es auch hier noch zu einem sozialistischen Umsturz kommen würde, war noch nicht entschieden. Immer wieder gab es riesige Streiks, Massendemonstrationen und bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen ArbeiterInnen auf der einen und Polizei und Regierungstruppen auf der anderen Seite.
Seit dem Kriegsende hatten die ArbeiterInnen an Macht gewonnen und sich immer mehr Zugeständnisse erkämpft. Dass der Kaiser abdanken musste, lag nicht am Bürgertum und auch nicht an der Führung der SPD, der es im Zusammenspiel mit den alten Eliten darum ging, den Weg hin zu einer erneuerten bürgerlichen Herrschaft zu ebnen. Es lag an den ArbeiterInnen, die für einen sozialen Wandel von unten gekämpft hatten und nicht für eine neue Republik der Reichen und Mächtigen. Jetzt aber wollten die rückständigsten und offen republikfeindlichen Teile der herrschende Klasse wieder in die Offensive kommen. Ihr Plan war mithilfe der Armee und rechten paramilitärischen Verbänden die Kämpfe der lohnabhängigen Klasse ein für alle Mal zu unterdrücken. Die ArbeiterInnenbewegung sollte nicht, wie es die SPD-Führung plante, umgedreht und in den Dienst der herrschenden Klasse gestellt werden. Sie sollte vernichtet werden, die Herrschaft des Kapitalismus sicherstellen, die Errungenschaften der Novemberrevolution zunichte gemacht, Privilegien der alten Großgrundbesitzer und Militärs wiederhergestellt und das deutsche Reich für neue Kriege gerüstet werden. Darum ging es den Rechten und dafür organisierten sie nun einen Militärputsch.
Am 13. März 1920 marschierten rechte Freiwilligenverbände mit schwarz-weiß-roten Fahnen und Hakenkreuzen auf den Helmen in Berlin ein und setzten die Regierung ab. Der Kapp-Putsch hatte begonnen, die Regierung floh und die Reichswehr weigerte sich dagegen vorzugehen. Sie schloss sich den paramilitärischen Truppen teilweise sogar an. Als Reaktion darauf riefen die größten ArbeiterInnenparteien – SPD, USPD, KPD – und die Gewerkschaften in den nächsten beiden Tagen zum Generalstreik auf. 12 Millionen Menschen legten die Arbeit nieder und damit das gesamte Land lahm. An vielen Orten Deutschlands, in Thüringen, dem Ruhrgebiet, Mecklenburg und Berlin versuchten die Putschisten und die mit ihnen sympathisierende Reichswehr den Generalstreik mit Waffengewalt zu beenden. Überall wurde erbitterter Widerstand geleistet. Gleichzeitig begannen KommunistInnen die Kämpfe gegen die rechte Regierung in einen Kampf für den Sozialismus auszuweiten: ArbeiterInnen bildeten Räte, bewaffneten sich, besetzten Fabriken und strategisch wichtige Stellen. Schon nach vier Tagen, am 17. März, musste die Regierung der Putschisten abdanken und floh aus dem Land. Der Generalstreik hatte sie völlig regierungsunfähig gemacht.
Der Putsch-Plan war fehlgeschlagen. Statt die Militärdiktatur zu errichten, führte die rechte Machtübernahme zur entschlossenen Gegenwehr der ArbeiterInnen. Im Ruhrgebiet schlossen sich innerhalb weniger Tage über 80.000 ArbeiterInnen zur „Roten Ruhr Armee“ zusammen. Einige Waffen konnten revolutionäre ArbeiterInnen nach dem Krieg in Verstecken bunkern, andere entwendeten sie nun rechten Wehrverbänden, den Großteil konnten sie in erfolgreichen Kämpfen der Reichswehr abnehmen. Nur sechs Tage nach dem Ende des eigentlichen Putsches befreiten sie das gesamte Ruhrgebiet von Reichswehr und rechten Freiwilligenverbänden. Die Teilnahme von Mitgliedern aller ArbeiterInnenparteien und die schnellen anfänglichen Siege machten Hoffnungen auf eine Ausweitung der ArbeiterInnenmacht, die letzten Endes aber enttäuscht wurden.
Bereits am 18. März rief die Führung der SPD zum Abbruch des Generalstreiks auf. Mit falschen Versprechungen geködert, willigten einige Tage später auch die Gewerkschaften und die USPD-Führung ein. Ein Großteil der ArbeiterInnen nahm die Arbeit wieder auf und legte die Waffen nieder. Der Einfluss der KPD und der linken Teile der USPD reichte nicht weit genug, um sie geschlossen zum Weiterkämpfen zu bewegen. Dieselben Truppen, die vor ein paar Tagen noch den Putsch unterstützt hatten, marschierten am 1. April – nun wieder unter der SPD-Koalitionsregierung – ins Ruhrgebiet ein. Dort rächten sie sich mit Massenerschießungen, Folter und willkürlichem Terror an der gesamten ArbeiterInnenschaft.
Die SPD war immer der „Plan B“ des Kapitals gewesen. Wenn man schon keine Monarchie haben konnte, musste wenigstens die Gefahr einer sozialistischen Revolution verhindert werden. Wenn es hart auf hart kam, stand die Führung der SPD seit 1914 immer auf der Seite der herrschenden Klasse.
Auch wenn unsere Vorfahren vor 100 Jahren unter ganz anderen Bedingungen gekämpft haben als wir heute, können wir einiges von ihnen lernen:
- Die Macht von Millionen ArbeiterInnen, die die Arbeit niederlegen und für die gemeinsame Sache an einem Strang ziehen, kann größer sein als ganze Armeen.
- Der Kampf gegen Rechts ist dann effektiv, wenn möglichst große Teile der ArbeiterInnenschaft aktiv einbezogen sind.
- Bewaffnete Faschisten werden nicht allein mit guten Argumenten und Lichterketten verjagt.
- Es ist keine gute Idee der SPD zu vertrauen.
Ein Angriff auf uns alle. Der Ausbau des Polizeiapparates ist Teil des Klassenkampfes von oben
Wie eine Welle schwappte die Verschärfung der Polizeigesetze in den vergangenen Jahren durch die Republik. Den Anfang machte 2017 Baden-Württemberg (PolGBW). Während der erste Aufschlag im „Ländle“ auch wegen dem zeitgleichen Ende des Alkoholverkaufsverbots nach 22 Uhr von der breiten Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen wurde, war die Neuauflage des bayrischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) von massivem Widerstand begleitet. Mehrere zehntausend Menschen demonstrierten 2018 während des bayrischen Landtagswahlkampfs gegen die von der CSU forcierte Ausweitung der polizeilichen Befugnisse.
Das Ergebnis ist bekannt: Die CSU verlor bei der Wahl die absolute Mehrheit, das Gesetz gibt es aber trotzdem. Und nicht nur dieses. Während SPD, Linke und Grüne in Bayern gegen die Pläne der CSU noch Sturm liefen, verabschiedeten die gleichen Parteien wenig später in Niedersachsen, NRW, Brandenburg und anderen Bundesländern sozusagen im Copy-and-paste-Verfahren ähnliche Gesetze. Bürgerliche Doppelmoral wie sie im Bilderbuch steht.
Polizeigesetze sind Sache der jeweiligen Landesregierungen. Trotz einiger Unterschiede bauen alle Neuauflagen seit 2017 auf einem ähnlichen Fundament auf. Unter dem Schlagwort der „Terrorismusabwehr“ wird die jeweilige Landespolizei massiv aufgerüstet und ihre Befugnisse insbesondere im Bereich Überwachung erweitert. Die neuen Gesetze verschieben die polizeiliche Ermittlungsarbeit in Bereiche, in denen es um reine Verdächtigungen und eben nicht um konkrete Vorwürfe geht. So können in Bayern Menschen, die von den Behörden zum „Gefährder“ erklärt werden, ohne konkrete Vorwürfe in Haft genommen werden. Und das ohne Maximaldauer, also potentiell unendlich. Polizeilicher Willkür wird so per Gesetz Tür und Tor geöffnet.
Aber warum das alles? Sind nicht die Kriminalitätsstatistiken niedrig wie selten zuvor? Sterben nicht jedes Jahr wesentlich mehr Menschen im Straßenverkehr als durch religiös motivierte Anschläge? Der Hintergrund der Verschärfungen wird erst dann greifbar, wenn die neuen Polizeigesetze im gesellschaftlichen Kontext betrachtet werden.
Der Kapitalismus kriselt weltweit. Auch in der BRD werden die Krisenfolgen in den nächsten Jahren spürbar werden. In Kernbereichen der deutschen Industrie, wie etwa der Automobilbranche, ist davon auszugehen, dass die Konzerne versuchen mit massiven Entlassungswellen die Krisenfolgen auf die Beschäftigten abzuwälzen.
So sehnsüchtig wie viele Linke und GewerkschafterInnen deswegen nach Frankreich blicken, so aufmerksam nimmt die herrschende Klasse die dortigen Entwicklungen zur Kenntnis. Die mehrwöchigen Streiks gegen Macrons „Reformpolitik“ zeigen denen „da oben“ was möglich ist, wenn die „da unten“ gemeinsam kämpfen.
Vor diesem Hintergrund lassen sich PAG, PolGBW und Co. wesentlich besser einordnen. Sie sind eben auch die präventive Antwort des deutschen Staates auf mögliche aufkeimende soziale Bewegungen. Wird es künftig brenzlig, dann trifft die Gefährderhaft nicht vermeintliche oder tatsächliche „Terroristen“, sondern StreikführerInnen oder AktivistInnen linker Gruppen.
Einen besonderen Beigeschmack bekommt in diesem Kontext so auch die, beispielsweise in Baden-Württemberg ins Spiel gebrachte, Aufrüstung der Polizei mit Kriegswaffen.
Die in Frankreich gegen die Streikenden eingesetzten Schockgranaten, Gummigeschosse und Tränengaskartuschen zogen bisher unzählige Verletzte nach sich. Mehrere Menschen verloren durch die Polizeiangriffe Finger oder das Augenlicht. Gerade die Pariser Polizei erklärt die Straßen der Hauptstadt regelrecht zum Kriegsschauplatz. Das Vorgehen der französischen KollegInnen eröffnet natürlich auch Perspektiven für die Repressionsbehörden hierzulande. Welcher BFE-Truppführer hat nicht in der ein oder anderen Situation von Tränengas und Gummischrot geträumt?
Noch ist es nicht so weit. Dennoch: Die deutsche Polizei profitiert ungemein von den Gesetzesverschärfungen. Hier werden die Befugnisse einer Institution erweitert, deren vorgebliche politische Neutralität nicht einmal das das Papier wert ist auf dem die entsprechenden Hochglanzbroschüren gedruckt werden. Die in den vergangenen zwei Jahren aufgedeckten rechten Netzwerke und Gruppen im Polizeiapparat verdeutlichen den dort vorherrschenden Zeitgeist. Beamte, die sich in Gruppen zusammenschließen, Waffen horten, Todeslisten mit linken PolitikerInnen und antirassistischen AktivistInnen anlegen, sind mittlerweile nur noch eine Randnotiz in den Medien. Ins Bild passt da natürlich, dass überproportional viele AfD-Mitglieder und -Abgeordnete Polizisten sind.
Als 2019 die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg die Verschärfung der Verschärfung ankündigte, regte sich endlich auch dort Widerstand. Ähnlich wie zuvor bereits in NRW und in Bayern schlossen sich verschiedene gesellschaftliche Kräfte zusammen. Hervorzuheben ist in diesem Kontext sicherlich die Reaktion vieler (Fußball-) Fanszenen, die zusammen mit linken Gruppen und der Bürgerrechtsbewegung auf die Straße gingen und sich so aktiv in gesellschaftliche Entwicklungen einmischten. Auch wenn es am Ende nicht gereicht hat, so war doch genau diese solidarische Zusammenarbeit von unmittelbar Betroffenen ein Schritt in die richtige Richtung. Der Kampf gegen die innere Militarisierung und den Ausbau des Überwachungs- und Repressionsapparats kann nur gemeinsam geführt werden.
So notwendig die Verteidigung der wenigen verblieben bürgerlichen Freiheiten bleibt, so falsch wäre es dabei stehen zu bleiben. Nur weil sich die Macht der Polizei aus Gesetzen speist, heißt das noch lange nicht, dass ihr auf der Straße nicht Grenzen aufgezeigt werden können: Mit koordinierten Massenaktionen und Besetzungen bei Ende Gelände, mit entschiedenem Widerstand gegen Polizeiangriffe auf linken Demonstrationen oder durch offensives Handeln im Kampf gegen Rechts.
Die Verschärfung der Polizeigesetze ist ein großer, präventiver Schritt der Herrschenden im Klassenkampf von oben. Es wird Zeit, dass auch unten endlich wieder angefangen wird, entschieden zu kämpfen.
#Chile despertó [Chile ist aufgewacht]
Stell dir vor, du müsstest 20% deines Einkommens, das gerade so reicht um über die Runden zukommen, für‘s tägliche Bahnfahren aufbringen. Das sorgt natürlich für Unzufriedenheit! Wenn die Fahrtkosten innerhalb eines Jahres dann auch noch zum zweiten Mal angehoben werden, platzt den Menschen irgendwann der Kragen. 30 Pesos, umgerechnet 4 Cent, Fahrpreiserhöhung haben in Chile im Oktober letzten Jahres im ganzen Land Massenproteste entfacht. Die Transportkosten waren aber lediglich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Obwohl die Preiserhöhung zurückgenommen wurde, demonstrierten und kämpften Ende 2019 immer noch über 1,5 Mio. Menschen auf den Straßen der Hauptstadt Santiago und über 6 Mio. in ganz Chile. Was steckt hinter den Protesten, die sich zu einem Kampf ausgeweitet haben mit dem sich große Teile der lohnabhängigen Bevölkerung identifizieren?
Nach dem Militärputsch 1973 gegen den demokratisch gewählten, sozialistischen Präsidenten Salvador Allende wurde Chile zum Modellversuch des Neoliberalismus. Der neue Diktator, General Pinochet, legte die Wirtschaft des Landes in die Hände der „Chicago Boys“: Chilenische Wissenschaftler, die an der Universität von Chicago Wirtschaft studiert hatten und Chile im Sinne der USA in das Musterbeispiel für einen schrankenlosen Kapitalismus verwandeln wollten. Die Staatsausgaben wurden um 27% gesenkt, die Gewerkschaften verboten und die Arbeitslosigkeit verdoppelte sich. Beinahe alle sozialen Dienste wurden privatisiert. 1989 fanden zwar wieder freie Wahlen statt und die Militärdiktatur wurde beendet, die neoliberale Wirtschaftspolitik wurde jedoch fortgesetzt.
Gebeutelt von einer 16 jährigen Militärdiktatur und 30 Jahren Neoliberalismus ist Chile heute zwar eines der reichsten, doch zugleich ungleichsten Länder Lateinamerikas. Die geringen Einkommen und steigenden Lebenshaltungskosten sind für einen Großteil der Bevölkerung nicht mehr tragbar. In Chile können sich nur Reiche eine gute medizinische Behandlung oder Medikamente leisten. Die Privatisierung der Industrie, des Gesundheits- und Rentensystems, des Wassers und der Landwirtschaft hat reichlich Geld in die Kassen der Oligarchie, sowie Auslandsinvestoren gespült. Die Unwucht in der Reichtumsverteilung ist frappierend: Die Hälfte der Bevölkerung teilt zwei Prozent des Vermögens unter sich auf, während das reichste Prozent über 30 Prozent des Vermögens verfügt. Gut ein Viertel der Lohnabhängigen verdient nicht mehr als den monatlichen Mindestlohn von ca. 360 Euro, bei einer 45 Stunden-Woche. Wenn man bedenkt, dass von diesem Geld dann der Großteil für Miete und Transportkosten draufgeht, kann man den Ärger der ChilenInnen über eine Erhöhung der Ticketpreise von 30 Pesos (~ 4 Cent) gut verstehen.
Kampf und Kreativität
Die ungerechte Verteilung des Reichtums, eine autoritäre Verfassung, die noch aus der Zeit der Militärdiktatur stammt und die steigenden Lebenskosten der arbeitenden Bevölkerung – Das alles macht die Menschen wütend. „Es reicht!“ ist eine der Parolen der Bewegung. Auf der Straße vereint das die Menschen in Chile: Sonst rivalisierende Fußballvereine haben ihre Streitigkeiten beiseite gelegt. Schulter an Schulter stehen Indigene, Bauern und Bäuerinnen neben GewerkschafterInnen und StudentInnen. Frauen spielen eine tragende Rolle in der Bewegung und in den Stadtteilen haben sich BewohnerInnen zu Dutzenden in Stadtteilräten, den Cabildos, zusammengeschlossen. Angespornt von der gleichen Idee, von unten und selbstorganisiert gegen die Macht der Eliten vorzugehen, treffen sich die Cabildos Woche um Woche, um ihre Erfahrungen auf der Straße auszutauschen: Diskutiert wird über die Straßentaktik und die Notwendigkeit einer militanten Primera Fila (erste Reihe auf Demonstrationen). Diskutiert wird über die Bedürfnisse der BewohnerInnen in den Quartieren oder über die Forderung nach einer Asamblea Constituyente, einer verfassungsgebenden Versammlung. Eine ganz besondere Kraft geht von ihren gemeinsamen Aktionen aus: Mit Cacerolazos (dem kollektiven Schlagen auf Töpfen) reagieren sie auf Ausgangssperren, die von der Polizei und dem Militär in den Städten verhängt wurden. Zu hunderten Treffen sie sich auf Plätzen, um das Lied El derecho de vivir en Paz – Das Recht in Frieden zu leben – von Victor Jara zu singen, einem kommunistischen Liedermacher, der während der Pinochet-Diktatur öffentlich hingerichtet wurde. Beim kollektiven Schwarzfahren hat sich ein Großteil der BewohnerInnen aus Santiago angeschlossen. Und die politische Tanzchoreographie El violador eres tu, zu deutsch: „Der Vergewaltiger bist du!“ der chilenischen Feministinnen wird mittlerweile von tausenden Frauen weltweit aufgegriffen. Sie richten sich gegen die systematische männliche Gewalt an Frauen, die in Chile besonders hoch ist. Die militanten Kämpfe mit brennenden Barrikaden, Steinen und Molotow-Cocktails gegen Polizei und Militär sind wichtige Teile des Widerstands, mit denen sich die Protestierenden gegen den Staatsapparat, für den sie nichts als Feinde sind, zur Wehr setzen und ermächtigen.
Wo Licht, da auch Schatten
Die zentrale Forderung der Bewegung ist eine Verfassung vom Volk für´s Volk. Völlig zurecht, wenn man bedenkt, dass die jetzige noch aus der Zeit der Militärdiktatur stammt. Ausgearbeitet werden soll sie von Indigenen, Frauen, LandarbeiterInnen, Gewerkschaften. So die Forderung. Doch was die chilenische Regierung daraus macht, ist wie ein Schlag ins Gesicht der Bewegung. Ihre Vorgabe: Die Hälfte der Versammlung muss sich aus Abgeordneten und ParlamentarierInnen zusammensetzen. Damit haben die Personen den Finger auf dem Prozess, die für die profitorientierte Politik verantwortlich sind und in den letzten Jahren hauptsächlich auf ihre eigenen Kapitalinteressen geschaut haben. Über Zugeständnisse, Vereinnahmung und Reförmchen will Pinera einen nationalen Konsens herbeibeschwören. Ziel dabei: Ja keine wesentlichen Brüche mit dem bestehenden System zu erzeugen. Wer nicht mitspielt, muss mit der vollen Härte des Staates rechnen: Folterungen, 150 Menschen, die ihr Augenlicht verloren haben, 26 Tote, sowie die Erweiterung der gesetzlichen Befugnisse der Polizei sprechen für sich.
Die Forderungen nach einer neuen Verfassung und dem Abwerfen vom Erbe der Militärdiktatur sind noch nicht revolutionär, aber sie sind ein wichtiger Schritt für die Bestärkung der Macht der Bevölkerung. Die Cabildos sind, wenn auch lokal beschränkt, ein erster Ansatz dazu, den eigenen Stadtteil, das eigene Leben kollektiv in die Hand zu nehmen. Die Primera Fila ist ein erster Ansatz der staatlichen Gewalt eine organisierte Straßenmacht der Bevölkerung entgegenzusetzen. Es stellt sich die Frage, wer die eigentlichen Chaoten sind: Polizei-Einheiten, die Protestierende jagen, beschießen, verprügeln und foltern, oder organisierte Demos aus den Stadtvierteln, die ihr Recht zu demonstrieren militant verteidigen? Doch wenn die Bewegung erfolgreich sein will, muss sie mehr tun, als sich lokal zu vernetzen und ihre Aktionen zu verteidigen. Wenn die Bewegung in Chile ihre Forderungen auch durchsetzen will, wird sie früher oder später die Frage nach der politischen Macht im Land und den Besitzverhältnissen in der Wirtschaft stellen müssen. Ob ihr das gelingt, steht noch offen, was die ChilenInnen bereits jetzt aber schon gezeigt haben ist unglaublich wertvoll: Gemeinsam und solidarisch haben sie gezeigt, dass die Macht der Herrschenden durchbrochen werden kann.
Rojava geht uns alle an. Erdogan stoppen, die Revolution verteidigen!
Als Lichtblick im Nahen Osten hält sich Rojava und leistet gegen mächtige Gegner Widerstand. Rojava, das ist die autonome und selbstverwaltete Region in Nordsyrien, die von der kurdischen Bewegung befreit wurde und entschlossen verteidigt wird. Auf engstem Raum konzentrieren sich türkische Soldaten und dschihadistische Söldner, westliche „Diplomaten“, Kriegsstrategen regionaler (Assad, Erdogan, IS) sowie imperialistischer Mächte (USA, Russland), um das fortschrittliche Projekt zu vernichten. Mal geeint in instabilen Allianzen, mal gegeneinander in feindlichen Lagern trachten diese Kräfte doch stets nach ihren eigenen strategischen Zielen. Inmitten all der Player behauptet sich das überwiegend von KurdInnen bewohnte Rojava politisch und militärisch, schützt die eigene Bevölkerung und ihre erkämpften gesellschaftlichen Errungenschaften. Es geht um viel in Rojava, es geht um ein linkes Projekt und einen ernstzunehmenden demokratischen Gegenvorschlag zu Barbarei und enthemmtem Kapitalismus.
Die Situation ist gefährlich. (Nord)Syrien ist Brennpunkt eines imperialistischen Krieges, bei dem nicht nur Russland und die USA ihre Schachfiguren auf das Schlachtfeld führen, sondern auch Assad oder dschihadistische Mililzen. Dicht an dicht drängen sich die Mächtigen und Herrschenden nun seit über acht Jahren, um Ressourcen und Einflusszonen neu aufzuteilen. Vorne weg an der Spitze und Taktgeber der Panzer, Truppen und Bombenhagel ist die Türkei.
Der erneute Kriegsangriff durch Erdogan Anfang Oktober 2019 legte offen, wie angespannt die innenpolitische und wirtschaftliche Krise in der Türkei ist. Das türkische Kapital verfolgt seit langem das Ziel, sich als regionale Großmacht emporzuarbeiten und dabei Saudi-Arabien und den Iran zu verdrängen. Am Ende ist der türkische Überfall auf Rojava aber vor allem als eine Reaktion auf die anhaltenden innenpolitischen Spannungen zu bewerten, von denen Erdogan ablenken möchte. Nationalistischer Kriegstaumel und das Auftreten als starker Mann, der das Land angeblich eint, hat sich dabei schon in der Vergangenheit bewährt. Und sieh einer an: Seit seinem erneuten Angriffskrieg in Kurdistan hat sich der Rückhalt und die Unterstützung in Umfragen wieder auf 50% eingependelt. Wichtige Teile der Wirtschaft, wie auch das gesamte Lager der bürgerlichen Parteien haben sich hinter den Kriegseinsatz gestellt. Doch stabil ist seine Macht nicht, weder nach innen, noch nach außen. Außen verliert er an Boden und Partnern und schafft sich neue Gegner. Nach innen setzen ihm streikende ArbeiterInnen, eine starke feministische Bewegung, die kurdische Bewegung und andere unterdrückte Minderheiten, wie die Aleviten und linke und revolutionäre Kräfte Schranken in seinem faschistischen Kurs.
Rojava ist das Flaggschiff der kurdischen Bewegung: Das antikapitalistische Projekt ist nicht nur für den türkischen Diktator Gift und Galle. Rojava ist der Beweis, dass Erdogan und sein autoritärer Kurs nicht das Ende der Geschichte sind. Es ist der Beweis, dass der IS besiegbar ist. Die kämpfende Befreiungsbewegung beweist auch, dass es in einem weltumspannenden, übermächtigen Kapitalismus möglich ist, bewaffnete Revolutionen zu führen. In Rojava ist Gegenmacht real und sichtbar. Gegenmacht, die sich aus der Organisierung der Bevölkerung speist, so machtvoll, dass sie sich trotz Kriegssituation den kapitalistischen Interessen entzogen hat. Das linke Projekt lebt auf verschiedenen Ebenen konkrete Gegenvorschläge zur kapitalistischen Barbarei: Über die Organisierung der Frauen, einer hohen demokratischen Beteiligung der verschiedenen dort lebenden Ethnien, einer ökologischen Perspektive, bis hin zur selbstbewussten Selbstverteidigung im Zivilen, wie Militärischen.
Dass Deutschland dabei eine unrühmliche Rolle spielt, ist nicht überraschend. Im Scheinwerferlicht der Kameras kritisiert die deutsche Regierung zwar die Invasion der Türkei, in den Hinterzimmern jedoch werden türkische Vertreter mit offenen Armen empfangen und weiterhin dreckige Rüstungs- und Flüchtlings-Deals verhandelt, der strategische Aufbau und die Aufrüstung des NATO- und EU-Partners weitergeführt. Die deutsche Regierung und Firmen machen sich zu Komplizen Erdogans.
Klima retten? Wir brauchen einen Plan!
Der Klimawandel und die damit verbundenen Veränderungen der Umwelt sind eine der größten Bedrohungen der Menschheit. Es geht nicht nur um eine vorübergehende Krise, die wir einfach aussitzen können. Im Gegenteil: Entscheidungen, die die letzten Jahrzehnte getroffen wurden und in naher Zukunft getroffen werden, haben unumkehrbare Auswirkungen auf die Zukunft unserer Zivilisation.
Doch was haben Klima- und Umweltzerstörung mit dem Gesellschaftssystem zu tun, in dem wir leben? Warum sagen immer mehr Menschen „Im Kapitalismus lässt sich die Klimakrise nicht lösen“? Gehen wir ca. 200 Jahre zurück, zu den Anfängen des Kapitalismus: Ab ca. 1800 begann sich in England die industrielle Produktion durchzusetzen. Das heißt, in Fabriken, die einzelnen Kapitalisten gehörten, produzierten ArbeiterInnen mit Hilfe von Maschinen massenhaft Waren. Je mehr, schneller und günstiger die Produktion, desto besser für die Kapitalisten, die auf dem Markt gegeneinander konkurrierten. Die Maschinen wurden anfangs noch fast überall von Wasserkraft angetrieben: Sauber, günstig und sicher. Und trotzdem setzte sich innerhalb kurzer Zeit Kohle als Energieträger gegen die Wasserkraft durch. Warum? Die Ausweitung der Produktion führte dazu, dass mehr Energie gebraucht wurde und ein stetiger Energiefluss vorhanden sein musste. Das konnten einzelne Wasserräder an Flussläufen, die von Wetter und Jahreszeit abhängig sind, nicht gewährleisten. Es gab Pläne für große Bauprojekte, um dieses Problem zu lösen: Systeme aus Wasserreservoirs, Schleusen und Staudämme, die einen stetigen Energiefluss für ganze Städte gewährleistet hätten. Bis auf wenige sind diese aber nie verwirklicht worden, weil sie der kapitalistischen Art zu produzieren widersprachen: Für Großprojekte dieser Art wären Kooperation, gemeinschaftliche Kontrolle und Verantwortung unter den konkurrierenden Kapitalisten notwendig gewesen. Das widerspricht aber der „Logik des Marktes“: Warum sollte ich mit meinen KonkurrentInnen zusammenarbeiten, wenn doch mein größtes Ziel ist, diese wirtschaftlich zu vernichten? Also ging die Entwicklung schnell hin zu Kohleverbrennungsmotoren, die einzelne Industrielle besitzen und kontrollieren konnten. Die umweltfreundliche, sichere Energiequelle Wasser wurde also aufgrund wirtschaftlicher Zwänge durch eine umweltschädliche ersetzt. Kohle und später Öl und Gas – in hunderttausenden Jahren angesammelte, hochkonzentrierte Energieträger – wurden zum Motor der Industrialisierung weniger Jahrzehnte.
Heute brauchen nicht mehr alle, die Strom haben möchten, einen eigenen Dampfmotor im Keller. Wir haben eine flächendeckende Energieversorgung. Aber die liegt zum Großteil in den Händen riesiger Energiekonzerne. Ihre Kriterien bei der Auswahl wie Energie produziert werden soll, geht danach, was am meisten Profit bringt. Und nicht danach, was die Umwelt schonen könnte – also genauso wie vor 200 Jahren. Das sture Festhalten der Energiekonzerne an Kohlekraftwerken oder sogar dem Bau neuer Kraftwerke wie „Datteln 4“ in NRW zeigt das deutlich. Deutsche Konzerne profitieren und arbeiten auch mit an der Umweltzerstörung in anderen Teilen der Welt. Zuletzt bewies das der Münchner Siemens-Konzern, der Technik für eine der weltweit größten neuen Kohleminen in Australien liefern will und trotz massiver, weltweiter Proteste unter dem Hashtag #stopAdani an dem 18 Millionen Euro-Auftrag festhält. Durch sogenanntes „green washing“ versuchen sich Konzerne als besonders nachhaltig zu geben, während sie weiter fröhlich unser Klima gegen die Wand fahren. Google hat vor kurzem mit großem Tamtam verkündet, seine Server nur noch mit erneuerbaren Energien zu betreiben. Gleichzeitig bietet die Konzern-Abteilung für Künstliche Intelligenz Computerprogramme für die Ölindustrie an, um noch mehr Ölreserven im Boden zu lokalisieren, effektiver abzubauen und verbrennen zu können. In diesen Industrien lässt sich nämlich sehr viel Geld verdienen.
Ein anderes Beispiel: In Frankreich wurde 2019 ein täglich fahrender Güterzug, der Lebensmittel aus allen Teilen des Landes zum „Rungis“-Großmarkt bei Paris gebracht hat, durch jährlich 25.000 LKWs ersetzt (das sind ca. 60 jeden Tag). 25.000 LKWs ersetzen einen Zug, der 90 Prozent weniger CO2-Ausstoß produziert hat. Grund dafür? Der französische Staat als Besitzer des Schienennetzes, die landwirtschaftlichen ProduzentInnen und der private Betreiber des Großmarktes konnten sich nicht auf eine weitere Finanzierung des Zugbetriebs und eine Modernisierung der Waggons einigen. Das erinnert an die Fabrikbesitzer im 19. Jahrhundert, die sich nicht für den gemeinsamen Ausbau der Wasserkraft als Energiequelle einsetzten: Ein vernünftiges und nachhaltiges Zusammenwirken ist nicht möglich, da es im Widerspruch zu einem System der Konkurrenz steht, das alle zwingt, möglichst viel Kapital für sich selbst herauszuschlagen.
Es ist also klar: Weder die Bosheit der Menschen noch falsche individuelle Konsumentscheidungen sind an der Klimakatastrophe schuld. Es ist ein System, in dem folgenschwere Entscheidungen getroffen werden, um auf dem Markt zu bestehen. Und das meist von Managern, die von den konkreten Auswirkungen ihrer Handlungen auf Mensch und Umwelt herzlich wenig mitbekommen. Die Quittung erhalten die Lohnabhängigen dennoch: Durch Lohnkürzungen, längere Arbeitszeiten und schlechtere soziale Absicherung. Die Folgen für die Natur, zum Beispiel durch Treibhaus-Emissionen, Entsorgung von Müll und Giftstoffen in Gewässern, Ausbeutung von Böden und Massentierhaltung, sind auch deutlich zu spüren. Man könnte auch sagen: Die Gewinne werden privatisiert, indem sich wenige Aktionäre und Kapitalbesitzende den Reichtum aneignen. Und die Verluste, Müll und Umweltzerstörung werden der gesamten Gesellschaft aufgedrückt. Mit der zerstörten Natur und den Folgen des Klimawandels müssen wir alle, besonders die Ärmsten der Welt, fertig werden. Von dem Reichtum, der daraus erschaffen wird, bekommen wir kaum etwas ab.
Es geht auch anders!
Dabei gäbe es schon längst technologische Lösungen für viele unserer Umweltprobleme: Erneuerbare Energien, Aufforstung, Recycling-Anlagen, Schadstofffilter. Einzelne Maßnahmen können die gesamte Krise aber nie lösen. Dafür braucht es – wie wir in den Beispielen gesehen haben – kollektives Handeln. Eine Energiewende, Umstellung auf eine nachhaltige Lebensmittelproduktion, Übergang von individuellem zu öffentlichem Nahverkehr, all dies kann nur durch gesamtgesellschaftliches Handeln durchgesetzt werden. Kein Markt, auf dem verschiedene Interessen miteinander streiten, wird das tun. Nur eine Wirtschaft, die dem Willen und den Interessen der gesamten Menschheit unterworfen ist und nicht umgekehrt.
Erfahrungen aus sozialistischen Versuchen der Geschichte zeigen: Eine Wirtschaft, die nicht dem inneren kapitalistischen Konkurrenzdruck unterworfen ist, sondern nach anderen Gesichtspunkten organisiert wird, kann auch Umweltprobleme anders angehen. Der Inselstaat Kuba zum Beispiel verankerte (als Reaktion auf die Versorgungskrise durch Wirtschaftsblockaden und die eigenen begrenzten Ressourcen) in den 90er Jahren Nachhaltigkeit in der Verfassung. Die Regierung startete Kampagnen zum Energiesparen, förderte Solar- und Biogasanlagen und umweltschonende Lebensmittelproduktion. Heute ist Kuba vom WWF mehrfach als nachhaltigstes Land der Welt ausgezeichnet und hat gleichzeitig mit den höchsten Lebensstandard in Lateinamerika. Das zeigt: Umweltzerstörung ist kein notwendiges Übel moderner Entwicklung. Es hängt an politischen Entscheidungen. Und die können wir nur in die richtige Richtung lenken, wenn wir den Konzernen die Kontrolle über unser Leben, die Produktion und Natur entreißen. Nur wenn wir sie enteignen, in kollektiven Besitz überführen und die Wirtschaft demokratisieren, sind nachhaltige und soziale Maßnahmen tatsächlich langfristig durchzusetzen.
Eine der großen Aufgaben in einer sozialistischen Gesellschaft wird es sein, eine neue Art von „Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur“ aufzubauen, der allen Menschen ein erfülltes Leben ermöglicht und gleichzeitig die Ressourcen der Natur ständig regeneriert und für künftige Generationen erhält. Es sind nicht nur die Eigentumsverhältnisse, die einem radikalen Bruch unterzogen werden müssen, sondern auch die Art, wie und was wir produzieren. Die Konzepte dafür können wir nur gemeinsam entwickeln, in einer geplanten Wirtschaft und zusammen mit allen Menschen, die es betrifft.
8. Mai – Seit 75 Jahren Tag der Befreiung vom Faschismus
Am 8. Mai vor 75 Jahren kapitulierte Nazideutschland vor der Sowjetunion und den Westalliierten. Der Tag markierte das Ende von Faschismus und Weltkrieg in Europa – er ist das Symbol der Befreiung. Die Beendigung der Shoa, des fanatischen Massenmordes an über 6 Millionen Jüdinnen und Juden und unzählbaren Sinti und Roma aus ganz Europa. Das Ende des imperialistischen 2. Weltkrieges und der nazistischen Wehrmachtsmassaker in Italien, Griechenland, Serbien und vielen anderen Ländern. Die Befreiung der politischen, sozialen und widerständischen Gefangenen aus Arbeitslagern und Foltergefängnissen. Das Ende der gnadenlosen Verfolgung von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder körperlichen und geistigen Behinderungen. Dafür steht der 8. Mai und das gilt es zu feiern. Gleichzeitig haben wir die Verpflichtung es nie wieder soweit kommen zu lassen!
Wir haben nicht vergessen, wen die Faschisten zuerst angegriffen haben: GewerkschafterInnen, KommunistInnen und SozialdemokratInnen. Dass die Nazis schon damals die Unzufriedenheit der Menschen in der wirtschaftlichen und politischen Krise für ihre Hetze gegen Sündenböcke genutzt haben. Wir haben nicht vergessen, dass die Eliten aus Wirtschaft, Staatsapparat und Militär ihnen dabei den Weg ebneten. Und wir ziehen die Konsequenzen: Vereint kämpfen wir von unten, selbstbestimmt und mit allen notwendigen Mitteln gegen die faschistische Gefahr von heute!