Der aktuelle gesellschaftliche Rechtsruck resultiert auch aus der Schwäche der revolutiuonären Linken. Dennoch wird nicht nur der Aufbau der eigenen Seite und die Propaganda für die richtige Sache aus der Krise führen. Notwendig ist und bleibt ein aktiver antifaschistischer Abwehrkampf als essentieller Teilbereich antikapitalistischer Politik und Teil revolutionärer Gegenmacht.
Wir haben ein Flugblatt zur aktuellen Situation, den Notwendigkeiten antifaschistischer Politik und deren Verknüpfung mit gesamtgesellschaftlichen Perspektiven veröffentlicht.

Textversion:

Kapitalistische Krise. Europäischer Rechtsruck. Antifaschistischer Widerstand.

Der rechte Mob ist zurück auf den Straßen der BRD. Tausende beteiligen sich bundesweit an rechten und offen faschistischen Veranstaltungen und die rechtspopulistische “AfD” treibt die bürgerlichen Parteien mit ihrer unverhohlenen Hetze nicht nur in der Gesetzgebung noch weiter nach rechts. Nach rechten Fackelmärschen brennen wieder Unterkünfte für Geflüchtete. Kurzum, der gesellschaftliche Rollback ist in vollem Gange. Die außerparlamentarische Linke hat dem aktuell nur wenig entgegenzusetzen, die Linke in den Parlamenten im Übrigen oft noch weniger. Während die, die sich mit voller Intensität dem Kampf gegen Rechts widmen, die gesamtgesellschaftliche Perspektive aus den Augen verlieren und oft genug mit “falschen” Mehrheiten und staatlichen Repression konfrontiert sind, schaffen es andere, die mit systemüberwindenden Parolen auf Anhängerschaftssuche gehen, kaum die Grenzen des studentischen Milieus oder die des eigenen Kiez zu überwinden. In Anbetracht der Umstände den Kopf in den Sand zu stecken hilft auch nicht weiter. Was also tun?

Das Problem heißt Kapitalismus!

Am Anfang steht die Erkenntnis, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht vom Himmel gefallen, sondern vom Menschen gemacht sind und damit konkrete, veränderbare Ursachen haben. Das gilt natürlich auch für die aktuelle Situation.

Mit der rot-grünen “Agenda 2010”, sprich dem systematischen Abbau sozialer Errungenschaften, Anfang der 2000er Jahre und der seit 2008 forcierten Abwälzung der Krisenfolgen mittels Troika auf die Länder Südeuropas, stand die BRD bisher eher als Krisengewinner dar. Dennoch ist es nicht möglich die Folgen der kapitalistischen Krise per se zu exportieren, was nichts anderes bedeutet, als dass auch in der Bundesrepublik der Klassenkampf von oben weiter verschärft werden wird. Der Angriff auf das Streikrecht mittels “Tarifeinheitsgesetz”, die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse, sowie der Ausbau von Werkverträgen, sorgen nicht nur für mehr Druck auf die Schultern der arbeitenden Bevölkerung, sondern haben ganz konkret prekäre Beschäftigung und Arbeitslosigkeit zur Folge. Darüber hinaus sind steigende Mieten, die Kommerzialisierung und Verdrängung aus dem öffentlichen Raum oder Altersarmut ganz konkrete Existenzängste, die sich auch im “Herzen Europas” merklich stärker breit machen.

Die Geflüchteten für diese Entwicklungen verantwortlich zu machen, wie es etwa die Rechtspopulisten tun, bedeutet den Bock zum Gärtner zu machen. Schließlich sind es deutsche Interessen und nicht zuletzt deutsche Waffen, die Länder wie Syrien oder auch Afghanistan in Bürgerkriegszonen verwandelt haben. Dass die Menschen, die vor Armut und Krieg fliehen, bei den Verursachern nach Schutz suchen, ist eigentlich nur konsequent. Nahezu genauso konsequent wie die deutschen Kapitalverbände, die in der Hoffnung einen neuen Niedriglohnsektor zu schaffen, den Mindestlohn aushebeln wollen und damit die Konkurrenz unter den Erwerbsabhängigen weiter verschärfen, keinerlei Gelegenheit auslassen die “Willkommenskultur” der Bundesregierung zu unterstützen.

Ihnen geht es in letzter Konsequenz um den Erhalt des eigenen Profits und den Erhalt des gesellschaftlichen Status quo. Schließlich ist es eine Binsenweisheit, dass Krisen der herrschenden Ordnung zumindest prinzipiell die Möglichkeit deren Überwindung in sich bergen. Dass wir von einer grundlegenden Veränderung jedoch aktuell noch weit entfernt sind, zeigt nicht zuletzt das Erstarken der Rechten. Aktuell gewinnen also die Kräfte an Einfluss, die die gesellschaftlichen Verhältnisse, sprich die Ausbeutung der Mehrheit durch die Minderheit, nicht nur unangetastet lassen wollen, sondern bestrebt sind die Ausbeutungsmechanismen weiter zu verschärfen.

Die Angst vor dem Abstieg

Die Kritik rechter Ideologie, wie deren aggressiver Rassismus und die moralische Empörung darüber sind zwar wichtig und richtig, für sich genommen aber letztlich unzureichend, um das Phänomen Rechtsruck zu begreifen, einzuordnen und die notwendigen Gegenstrategien zu entwickeln. Der europäische Rechtsruck ist nur im Kontext der Krise des Kapitalismus und der Schwäche der (revolutionären) Linken zu begreifen. Gerade deswegen tun wir gut daran uns die Akteure und die soziale Basis des Gegners vor Augen zu führen.

Es sind insbesondere Mittelständler und Selbstständige, die sich im Zuge der kapitalistischen Krise Sorgen um die eigene gesellschaftliche Stellung machen und mit einem möglichen sozialen Abstieg konfrontiert sind. Deren Verlustängste spiegeln sich im politischen Engagement in und um die selbsternannte “Alternative für Deutschland” wieder. Das rassistische und deutschnationale Programm der “AfD” liefert dabei nicht nur einfache Antworten sondern forciert im Kielwasser plumper, aber wirksamer Hetze eine zutiefst neoliberale Wirtschaftspolitik. Ferner schließt der Aufstieg der Rechtspopulisten die politische Lücke zwischen konservativen und offen faschistischen Positionen und sorgt so für die Enttabuisierung klassisch faschistischer Hetze und deren Aktivitäten.

Das Aufblühen des rechten Lagers jedoch alleinig dem klassisch schwankenden Kleinbürgertum zuzuschreiben greift zu kurz. Es ist völlig offensichtlich, dass die rassistische Stimmungsmache auch bei vielen fruchtet, die objektiv eigentlich keinerlei Interesse an einer derartigen Politik haben. Keine Erzieherin, kein Fließbandarbeiter und niemand der vom Arbeitsamt abhängig ist zieht einen realen Profit aus der von der “AfD” geforderten Abschaffung des Mindestlohns, der Einschränkung gewerkschaftlicher Betätigung oder einer restriktiven Law-and-Order-Politik. Ihre “Stimme” geben viele den Rechtspopulisten dennoch – die Politik der einfachen Antworten und der Angstmacherei funktioniert.

Konsequent antifaschistisch kämpfen!

Dieser Entwicklung von heute auf morgen Einhalt zu gebieten ist utopisch. Im Gegenteil. Wir müssen uns auf eine lang andauernde Auseinandersetzung einstellen und dementsprechend unser Handeln konzeptionieren: Es geht um die gezielte Schwächung des Gegners, die Verteidigung gesellschaftlicher Errungenschaften und Freiräume und natürlich um den Aufbau der eigenen Seite. Dabei können und müssen wir auf die Erfahrungen und Strategien jahrzehntelanger antifaschistischer Praxis zurückgreifen. Denn, es geht nicht um grundlegend neue Ansätze oder völlig andere Schwerpunktsetzungen, sondern um eine konsequente antifaschistische Praxis – gerade für die revolutionäre Linke. Schließlich ändert die Tatsache, dass der aktuelle Hauptgegner weit wirkmächtiger und massenfähiger agiert als etwa die faschistischen Parteien der letzten Jahrzehnte, nichts an dem Fakt, dass die Linke sich im Abwehrkampf gegen Rechts eigenen Handlungsspielraum eröffnet.

Natürlich wird der antifaschistische Kampf die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht alleinig grundlegend verändern, aber er ist ein essentieller Teilbereich antikapitalistischer Politik und Teil revolutionärer Gegenmacht. Ein Nichtengagement im Kampf gegen Rechts, aus welchen Gründen auch immer, bedeutet zwangsläufig die Kapitulation vor der aggressiven Politik von Rechts und, in letzter Konsequenz, die Aufgabe linker Gesellschaftsvorstellungen. Schließlich ist aktuell der Gegner am Drücker – nicht wir.

Als antifaschistische Bewegung ist es demnach nur konsequent sich mit der “AfD” die stärkste und politisch gefährlichste Kraft im offen rechten Lager zur Brust zu nehmen. Öffentliche Veranstaltungen, Wahlkampfmaterial aber auch rechte Infrastruktur und Repräsentanten der Partei können Ansatzpunkt für antifaschistische Intervention und das Zurückdrängen der Partei sein. Trotz dem richtigen Fokus auf den erstarkenden Rechtspopulismus ist Vorsicht geboten. Im Windschatten formiert sich das offen faschistische Lager neu. Aktionistische “nationalrevolutionäre” Strömungen sind schon jetzt in der Lage punktuell wirksam zu intervenieren und bilden mit Teilen der reorganisierten Hool-Szene eine nicht unerhebliche, militante Gefahr für Andersdenkende und Minderheiten.

Auf den Müllhaufen der Geschichte!

Die Vorstellung der Hetze der Rechtspopulisten einfach unseren eigenen Gesellschaftsentwurf entgegenzustellen klingt verlockend und ist im Kern richtig, greift aber in der Praxis zu kurz. Natürlich müssen wir Menschen für die Idee einer anderen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung gewinnen. Eine Gesellschaft in der die Produktionsmittel nicht in den Händen weniger sind und die natürlichen Ressourcen zum Wohle aller und nicht einer kleinen Minderheit eingesetzt werden. Kurz: eine sozialistische Gesellschaft. Und, die objektiven Voraussetzungen dafür sind prinzipiell nicht schlecht. Schließlich gibt es, seitdem die Krisenfolgen auch in der BRD spürbar sind, einen in weiten Teilen der Bevölkerung verbreiteten Unmut über die Ungerechtigkeit des Kapitalismus.

Dennoch sind Ellenbogenmentalität, Vereinzelung und alltäglicher Rassismus in weiten Bevölkerungsschichten derart tief verankert, dass die reine Propaganda für eine andere, bessere Welt nicht ausreicht um wieder in die Offensive zu kommen. Auch die (revolutionäre) Linke hat noch einen Weg vor sich. Zu groß ist aktuell die Unklarheit und die Beliebigkeit vieler antikapitalistischer Ansätze, auch wenn es durchaus positiv ist, dass sich viele wieder der sozialen Frage widmen.

Revolutionäre Politik kann aber nur dann massenfähig werden, wenn sie in der Lage ist an der unmittelbaren Situation der Menschen anzusetzen. Durch eine kontinuierliche Praxis in verschiedenen politischen Widerstandsfeldern, wie etwa dem Kampf gegen Rechts, gegen die Aufwertung von Stadtteilen oder gegen Krieg und Militarisierung, können wir Erfahrungen sammeln und politische Linien entwickeln.

In diesen Kämpfen können schon jetzt die Menschen konkret miteinbezogen und eine Brücke zur Gesellschaft jenseits des Kapitalismus geschlagen werden. So auch bei Protesten gegen rechtspopulistische Veranstaltungen oder rassistische Aufmärsche.

Dabei ist klar, gegen Rechts ist nicht genug, aber: Gegen Rechts ist aktuell eine wichtige Basis für weitergehende Perspektiven. Nur wer den Rechtsruck konsequent bekämpft, öffnet einen Spielraum für die revolutionäre Linke und fortschrittliche Bewegungen. Antikapitalistische Politik muss dementsprechend auch antifaschistisch sein, in Worten wie in Taten. Alles andere ist Augenwischerei. Packen wir’s an!

Für einen kämpferischen Antifaschismus!

Für den Kommunismus!