In mehreren Städten demonstrierten am 17. September über 300.000 Menschen gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA. In Stuttgart beteiligten sich 250 AktivistInnen an einem antikapitalistischen Block auf der Demonstration.

Lokaler Aufruf zum antikapitalistischen Block
Aufruf mit AKAB und Young Struggle

Aufruf von Perspektive Kommunismus:

TTIP, CETA, KAPITALISMUS… AUF DEN MÜLLHAUFEN DER GESCHICHTE!

Die Versprechen sind immer dieselben: Die Freihandelsabkommen TTIP und CETA mit den USA, Kanada und der EU als Vertragspartner sollen der Weltbevölkerung Wohlstand und Wachstum bescheren. Doch wie immer, wenn die herrschende Eliten an Wirtschaftsabkommen tüfteln, um auf kapitalistische Krisen zu reagieren, geht das mit verheerenden Folgen für die ArbeiterInnen einher. Denn bei den geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA handelt es sich um ein transatlantisches Klassenprojekt und damit um einen massiven Angriff auf die Klasse der Lohnabhängigen. ArbeitnehmerInnenrechte sollen zugunsten des Profits eingeschränkt und soziale und ökologische Standards aufgeweicht werden, während Unternehmer und Lobbyisten im Gegenzug Vorteile erfahren sollen. Mit TTIP und CETA wird die Herrschaft der weltweit stärksten Kapitalfraktionen weiter zementiert und juristisch abgesichert. Allein die bereits bekannten Punkte aus den geheimen Verhandlungen werden sich fatal auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Mehrheit der Bevölkerung auswirken. Es reicht daher nicht die Kritik auf vermeintliche Chlorhühnchen und genmanipuliertes Essen zu beschränken. Die geplanten Freihandelsabkommen sind ein Angriff unter vielen anderen im Klassenkampf von oben. Nicht nur TTIP und CETA sind das Problem, sondern das ganze krisenhafte System Kapitalismus.

Kapitalismus in der Krise

Mit dem Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) soll der größte gemeinsame Wirtschaftsraum der Welt entstehen. So stehen die USA und die EU schon jetzt für zusammen etwa 45 % der Weltwirtschaftsleistung: Allein 17 % der EU-Exporte gehen in die USA und 19 % der US-Exporte wiederum in die EU. Dabei ist die Bezeichnung „Freihandelsabkommen“ eigentlich irreführend. Ein „freier Handel“ ist schon lange zwischen beiden Welt-Regionen möglich und findet Dank niedrigster Zölle auch rege statt. Weitaus zentraler ist der Abbau von sogenannten Handelshemmnissen und „Schutz von Investitionen“: Darunter verstehen die Architekten von TTIP alles, was den erwarteten Profit der großen Konzerne schmälern könnte, also alle Arten von Umweltschutzmaßnahmen, Arbeitsschutzreglungen, Verbraucher- und Datenschutz, aber auch dem Recht sich in Gewerkschaften zu vereinigen und für die eigenen Interessen zu streiken. Dazu sollen zahlreiche gesellschaftliche Bereiche, wie Bildung und Gesundheitswesen, die bisher noch nicht oder nicht gänzlich dem Profitzwang unterworfen sind, für privates Kapital geöffnet werden.

Um dies durchzusetzen sollen private „Schiedsgerichte“ eingesetzt werden, vor denen ein Konzern dann beispielsweise eine Regierung auf Schadensersatz wegen zu strenger Umweltstandards verklagen könnte – was zu recht vielfach als Demokratieabbau kritisiert wird.

Es ist wenig verwunderlich, dass die westlichen Industrienationen versuchen die Freihandelsabkommen TTIP (EU-USA), CETA (EU-Kanada) und TPP (USA und 10 weitere Pazifikländer ohne China) zum jetzigen Zeitpunkt durchzusetzen. Denn allen Beteuerungen vom angeblichen wirtschaftlichen Aufschwung zum Trotz, steckt der Kapitalismus weltweit in einer der tiefsten Krisen seit Jahrzehnten.

Dass große Teile der deutschen Industrie und Banken auf Kosten unter anderem ihrer südeuropäischen Konkurrenz momentan gute Profite einfahren und als Krisengewinner dastehen, ändert an dieser grundsätzlichen Feststellung nichts. Der nächste große Einschlag der Krise wird kommen, die Frage ist nur wann und wo.

Profite auf Kosten der Lohnabhängigen

Für die Kapitalistenklasse wird es immer schwieriger wird Profite zu realisieren. In dieser Situation sind die geplanten Freihandelsabkommen also in erster Linie Ausdruck eines massiven Angriffs auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Lohnabhängigen, die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen.

TTIP und die anderen Abkommen sollen es den Un­ternehmen ermöglichen auf Kosten unserer Klasse ihre Profite weiterhin zu steigern. In langen Kämp­fen errungene Rechte der ArbeiterInnenbewegung, wie das Streikrecht, aber auch diverse Regelungen zum Arbeitsschutz sollen daher abgeschafft, um­gangen oder zumindest in ihrer Wirksamkeit be­schränkt werden.

Darüber hinaus erfüllen die aktuellen Freihandelsab­kommen einen weiteren Zweck für das in der Krise steckende westliche Kapital: Sie sollen die bisherige Dominanz der US-amerikanischen und europäischen Banken und Großunternehmen in der Weltwirtschaft aufrecht erhalten und aufstrebende Schwellenlän­der auf Distanz halten. Denn seit einigen Jahren erwächst diesen aus einem ganzen Kreis von so­genannten Schwellenländern, insbesondere den „BRICS-Staaten“ (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) eine ernstzunehmende Konkurrenz. Vor allem das rohstoffreiche und militärisch mächti­ge Russland und das ökonomische Potential Chinas sind dabei den Einfluss der alten imperialistischen Mächte zu schmälern.

Dass sich dieser Konflikt um Einflusssphären, Zu­gang zu billigen Rohstoffen und Absatzmärkten ver­schärft, lässt sich auch an der zunehmenden media­len, politischen und militärischen Frontstellung, z.B. anhand des Ukraine-Konflikts oder um den Streit um die „Sparkley-Inseln“ verfolgen. TTIP, TPP und CETA stellen in diesem Zusammenhang das ökono­mische Instrumentarium des US-amerikanischen und europäischen Kapitals dar. In den Worten Hillary Clintons ist TTIP daher folgerichtig nichts anderes als die „ökonomische NATO“.

TTIP: Selbstbeschneidung der Regierun­gen und Parlamente oder autoritäres Herr­schaftsmodell im Spätkapitalismus?

Dass die privaten – geheim oder öffentlich ta­genden – Schiedsgerichte nach dem Willen der TTIP-Planer, letztlich über der nationalen Ge­setzgebung und der üblichen Justiz stehen sol­len, ist einer der großen Kritikpunkte an dem Abkommen.

Dabei ist es nur scheinbar paradox, dass die Entscheidungsgewalt von nationalen Regierun­gen ausgehebelt werden soll, während sich doch gleichzeitig in der Krise gezeigt hat, dass noch jeder Konzern und jede Bank letztlich in einem speziellen nationalen Rahmen verankert ist und sie versuchen ihre Interessen über die entspre­chenden Regierungen durchzusetzen. Beispiele aus den letzten Jahren hierfür sind die staatlich finanzierte Abwrackprämie, als Stütze für die deutsche Auto-industrie oder die Bankenrettung, bei der der Staat unter anderem für Verluste der Banken im Wert von 500 Milliarden Euro garan­tierte.

Denn die Gestaltungsfähigkeit der Regierungen wird ja nur in eine Richtung eingeschränkt: In Bereichen wie Ökologie und Sozialpolitik und al­lem was sonst noch die Profite schmälern könn­te.

Die Einschränkungen der bürgerlich-parlamen­tarischen Demokratie, haben aber noch eine wei­tere Zielsetzung. Sie richten sich insbesondere auch gegen die ökonomisch schwächeren Länder im TTIP-Raum, zum Beispiel in Südeuropa. TTIP ist hier – neben einigen anderen – ein weite­res Instrument, diesen Ländern den Willen der starken imperialistischen Zentren aufzuzwingen und deren Ökonomien auszuplündern – und zwar ohne das auch nur die Möglichkeit besteht, dar­an durch demokratische Mittel etwas zu ändern!

Es zeigt sich hier die Tendenz zu einem grund­sätzlich autoritären Herrschaftsmodell, das die auch jetzt schon kaum mehr als formale Mög­lichkeit, über den bürgerlich-parlamentarischen Weg soziale Verbesserungen zu erreichen, grund­sätzlich ausschließen will.

Bewegung gegen TTIP

In den vergangenen Jahrzehnten gab es seitens der imperialistischen Akteure bereits einige Liberalisie­rungsvorstöße. Nicht alle wurden durchgebracht: MAI und ACTA scheiterten nicht zuletzt wegen einer starken Protestbewegung. Mittlerweile ist die Kritik an TTIP weit verbreitet und sogar bis in Teile des bürgerlichen Lagers vorgedrungen. Verschiedene NGO´s und Verbände fordern den Abbruch der Ver­handlungen. Letztes Jahr gingen für diese Forde­rung 250 000 Menschen in Berlin auf die Straße, anlässlich des Obama-Besuchs in Hannover im April diesen Jahres immerhin 80 000.

So beeindruckend diese Zahlen auch sind, so zwie­spältig sind die Ergebnisse der bisherigen Aktivitäten. Denn während sogar weite Teile der SPD auf Distanz zu dem Abkommen gehen und damit im Vorgriff auf den beginnenden Bundestagswahlkampf 2017 ein Scheitern von TTIP in Aussicht stellen, wird das Ab­kommen zwischen der EU und Kanada, CETA, wohl diesen Herbst durch die EU-Kommission „vorläufig“ in Kraft gesetzt werden. TTIP würde damit quasi durch die Hintertür eingeführt. Denn über das euro­päisch-kanadische Handelsabkommen CETA könnte die USA mit US-Konzernen und deren Tochterfirmen in Kanada zu den gleichen Bedingungen auf den eu­ropäischen Markt vordringen.

Der Druck der Straße war also trotz der riesigen Demonstrationen noch nicht groß genug. Das hat zu einem gewissen Teil auch mit der Verfasstheit der Bewegung zu tun, die abseits der etwa halb­jährlichen Großevents wenig präsent ist. Denn die Bewegung gegen TTIP und CETA wird zu großen Tei­len von Funktionären einiger NGO´s, Parteien und Gewerkschaften getragen und organisiert. Daran ist erst mal nichts grundsätzlich auszusetzen, aber die zahlreichen Basisinitiativen mit eigenen lokalen Ak­tivitäten fehlen im Vergleich zu ähnlichen Bewegun­gen fast vollständig. Eine Verbindung mit anderen sozialen und fortschrittlichen Kämpfen ist oftmals nicht gewünscht und nicht vorhanden. Daraus ergibt sich, dass zwar eine relativ große Öffentlichkeitswir­kung erreicht wurde, aber sich kaum eine dauerhaf­te Gegenmacht entwickeln konnte.

Auch inhaltlich geben die großen Verbände die Stoßrichtung der Kritik weitgehend vor: Neben der Sorge um Umweltschutz und die Qualität von Le­bensmitteln, macht sich ein großer Teil der Kritik an den geplanten Schiedsgerichten, sowie an der Intransparenz der Verhandlungen fest. Ein Teil der Bewegung beschränkt sich inhaltlich sogar so stark, dass nur noch soziale und ökologische Leitplanken für den Freihandel gefordert werden.

Dabei ist doch offensichtlich, dass TTIP – und auch die anderen Freihandelsabkommen – letztlich nur einer von vielen Angriffen der Klasse der Besitzen­den auf unsere Lebensbedingungen, auf die Klasse der Lohnabhängigen, der Arbeitslosen, RentnerIn­nen, SchülerInnen und Studierenden ist. Es braucht also keine „Leitplanken“ für unsere Ausbeutung, sondern den gemeinsamen Kampf zur Überwindung eines Systems, das zur Profitmaximierung unsere natürlichen Lebensgrundlagen zerstört, militärische Konflikte schürt und letztlich über Leichen geht!

Bewegungen, wie die gegen TTIP, können uns in diesem Bestreben voranbringen, nämlich dann wenn hier verschiedene Akteure zusammenkommen und durch gemeinsame Aktivitäten und gemeinsame Organisierung eine Gegenmacht zum herrschenden System erwächst.

Eine Gegenmacht, die sich nicht in Appellen an die Regierenden erschöpft, sondern die mit der Perspek­tive auf eine andere, solidarische Gesellschaftsord­nung, ohne Ausbeutung, Krieg und Unterdrückung, die Bedingungen dafür schafft, nicht nur TTIP, son­dern den ganzen Kapitalismus dorthin zu befördern, wo er schon lange hingehört – auf den Müllhaufen der Geschichte!

Gegen TTIP und CETA!
Kapitalismus abschaffen!
Für den Kommunismus!