Aktionstag am Donnerstag, den 17. September in Stuttgart
GEMEINSAM GEGEN KRISE, KRIEG UND KAPITALISMUS

Am 27. September finden die nächsten Bundestagswahlen statt. Die bürgerlichen Parteien werben wie üblich mit allerlei leeren Versprechungen um unsere Stimmen. Unterstützt werden sie dabei vom ganzen Klüngel aus vermeintlichen Wirtschaftsexperten, bürgerlichen Medien und Prominenz aus Wirtschaft und Kultur. Neben direkten Wahlempfehlungen wird insbesondere geschlossen das „Zusammenhalten“ der Gesellschaft propagiert: Gerade in Zeiten der Krise, bzw. in einer Situation in der sie angeblich gerade schon wieder überwunden wird, sollen diejenigen, die die Krisenfolgen zu tragen haben bloß nicht rebellieren.

Wir alle, von Kurzarbeit, Entlassungen oder weiteren Kürzungen bedrohte ArbeiterInnen, Studierende und die, die sich ein Studium schon nicht mehr leisten können, Erwerbslose denen die Grundsicherung immer weiter gekürzt wird, perspektivenlose Jugendliche und MigrantInnen die von der Abschiebung bedroht sind, sollen uns weiterhin alles gefallen lassen und auf die etablierte Politik vertrauen. Eine Alternative zu den sich inhaltlich immer weiter angleichenden Parteien Grüne, SPD, CDU und FDP gäbe es nicht und ebensowenig eine Alternative zu einer Politik, von der die Klasse aus Managern, Großaktionären und Politikern profitiert, während für die Mehrheit immer weniger übrig bleibt. Welche der wenigen realistischen Regierungskoalitionen aus den Wahlen auch hervorgeht, was uns danach erwarten wird steht jetzt schon fest: Die kurzfristigen Reaktionen auf die ökonomische Krise (Abwrackprämie, Milliardenbürgschaften für angeschlagene Unternehmen etc.) werden heftige Auswirkungen nach sich ziehen, sobald ihre Wirkung verpufft ist. Betriebsschließungen und Massenentlassungen werden ebenso folgen wie weitere Einschnitte bei den Ausgaben im öffentlichen Bereich, für Soziales, Gesundheit und Bildung. Die Politik der letzten Jahre, die eine stetige Umverteilung von den unteren Schichten zugunsten der Profite der Kapitalistenklasse mit sich brachte, wird sich verstärkt fortsetzen.

Dagegen gilt es entschlossene Protest- und Widerstandsaktionen zu organisieren. Trotz aller Beschwichtigungsversuche der Gewerkschaftsspitzen, trotz staatlicher Repression gegen Protestbewegungen und trotz der Berichterstattung der bürgerlichen Medien, die die momentane Politik rechtfertigen und Proteste dagegen verteufeln, waren in den letzten Monaten hunderttausende bei Streiks, politischen Kundgebungen und anderen Protestaktionen auf den Straßen. Mit gemeinsamen Demonstrationen verschiedener Initiativen aus den Gewerkschaften, Umweltschutzgruppen, Erwerbslosenverbänden, der Antikriegsbewegung und linken Parteien und Organisationen wurde am 28. März in Frankfurt und Berlin ein Zeichen gesetzt. Zehntausende demonstrierten gemeinsam und sprachen sich für verstärkte Aktivitäten gegen die herrschende Politik und für die Perspektive einer solidarischen Gesellschaftsordnung, die nicht von Kapitalinteressen bestimmt ist, aus.

Am Donnerstag, den 17. September soll dieser Ansatz fortgesetzt werden: in mehreren Städten sind Aktivitäten geplant, die an der Zusammenarbeit und den Forderungen der Mobilisierungen am 28. März ansetzen.

Ihre Krisenlösung: Ausbeutung, Krieg, Repression

Das globale kapitalistische System hat nie ohne die stetige Entrechtung, Ausbeutung und Verarmung von Millionen Menschen existiert. Ob die Arbeiterinnen in den Billiglohnfabriken der führenden Kleidungskonzerne in Asien, die Menschen in Afrika, deren Länder durch die Plünderung der Rohstoffe von Großkonzernen ins Chaos gestürzt werden oder die Bauern in Lateinamerika die von Großgrundbesitzern mit Hilfe des vom Westen aufgerüsteten Militärs von ihren Ländereien vertrieben werden – für sie bedeutete dieses System schon immer Krise. Langsam aber stetig wurden und werden die Folgen dieses Systems auch in den kapitalistischen Zentren Westeuropa, USA und Japan für immer mehr Menschen spürbar. Privatisierungen, Kürzungen bei Sozialleistungen, bei der Bildung und im Gesundheitswesen, Heraufsetzung des Rentenalters, zunehmend prekäre Beschäftigungsverhältnisse und sinkende Löhne prägten die politische und wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre. Der Schein, dieses System sei dennoch unter Kontrolle zu halten und würde zumindest in seinen Grundzügen funktionieren schwindet mit der sich seit dem vergangenen Jahr zuspitzenden ökonomischen Krise immer weiter. Die Krise hat, ohne dass sie von all den Experten und Beratern aus Wirtschaft und Politik vorausgesehen worden wäre, ein bisher ungekanntes Ausmaß erreicht, ganze Staaten gingen bankrott, Millionen Menschen wurden von heute auf morgen in die Armut gestürzt.

Dass die Krise keineswegs vorbei ist wird sich schon bald zeigen. Eine Staatsverschuldung in Höhe von zig Milliarden Euro, Absatzschwierigkeiten in zentralen Branchen und sinkende Kaufkraft bei großen Teilen der Bevölkerung werden entgegen der aktuellen Wahlpropaganda nicht ohne Folgen bleiben.

Die Lösungsversuche von Seiten der bürgerlichen Parteien und der Wirtschaftsbosse in der BRD werden die gleichen sein wie bisher, allenfalls Tempo und Intensität werden sich wohl weiter verschärfen. Konkret: Dort wo Produktion oder Investitionen nicht mehr profitabel genug erscheinen, wird versucht weitere Zugeständnisse von den Beschäftigten zu erpressen, bzw. Entlassungen und Betriebsschließungen vorzunehmen. Durch die Senkung der Lohnkosten soll so die Profitrate gesichert werden. Insbesondere die prekär Beschäftigten, d.h. viele der mehreren Millionen Menschen die nur mit befristeten Arbeitsverträgen oder ohne Kündigungsschutz arbeiten, werden von Entlassungen betroffen sein. Es zeichnet sich aber ebenfalls ab, dass viele Jugendliche kaum noch Aussicht auf einen Ausbildungsplatz oder die spätere Übernahme haben und selbst viele die seit Jahrzehnten einen festen Arbeitsplatz besitzen, innerhalb von wenigen Wochen plötzlich ohne Job dastehen können. Fälle wie Nokia oder AEG haben eindrücklich aufgezeigt, wie schnell und kompromisslos das Management solche Entscheidungen trifft. Einher mit der ständigen Bedrohung des Jobverlustes geht der Druck noch intensiver, länger, billiger und unter schlechteren Bedingungen zu arbeiten.

Dazu kommen die sinkenden Ausgaben des Staates für öffentliche Einrichtungen und soziale Projekte, sowie für Bildung und Gesundheit. Dass für Länder und Kommunen zu wenig Geld vorhanden sei, ist als Begründung für die Schließung zahlreicher Institutionen, für Kürzungen bei Zuschüssen für Jugendprojekte, bei Privatisierungen und Abwälzung zahlreicher Kosten im Bildungs- und Gesundheitsbereich auf die Klasse der Lohnabhängigen seit eh und je bekannt. In Krisenzeiten wird auch in dieser Hinsicht vor einer Verschärfung nicht zurückgeschreckt: Milliardenhilfen für Banken und Konzerne, der Rest soll sehen wo er bleibt.

Auch Aufrüstung und militärische Einsätze der Bundeswehr gehören zur „Krisenlösung“ der bürgerlichen Parteien. Nicht der Kampf für Demokratie und Menschenrechte ist der Hintergrund für die Kriegsbeteiligung Deutschlands in Afghanistan, sondern wirtschaftliche und geostrategische Interessen. Ebenso wie die Bundeswehreinsätze in anderen Teilen der Welt, ob vor Somalia oder auf dem Balkan, geht es vor allem um den billigen Zugriff auf Rohstoffe, um Aufträge und den Zugang zu Absatzmärkten für deutsche Unternehmen. Auch die Rüstungsindustrie profitiert von Krieg und Besatzung. Leidtragende sind die Menschen in den betroffenen Regionen. Mit der Aufteilung der Welt unter den Einfluss der verschiedenen Machtzentren und die Konflikte um die knapper werdenden Ressourcen nimmt auch die Aufrüstung immer größere Ausmaße an. Propagandaveranstaltungen der Bundeswehr haben in dieser Situation nicht nur die weitere Etablierung von Militarismus und Kriegen zum Ziel, sondern auch das direkte Werben um Soldatinnen und Soldaten die für das deutsche Kapital morden oder sich selbst töten lassen. Für immer mehr Menschen, insbesondere im Osten Deutschlands schon jetzt eine der wenigen Jobmöglichkeiten.

Durch die ökonomischen und sozialen Verschärfungen und durch die Durchsetzung von Aufrüstung und Kriegen gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung, bekommt der repressive Charakter des Staates eine immer größere Bedeutung. Protestbewegungen sollen im Keim erstickt und die Absicherung der Verhältnisse auch in einer weiter eskalierenden gesellschaftlichen Situation gewährleistet werden. Zum Umgang mit der aktuellen Krise gehören so auch die Aufrüstung von Polizei und Geheimdiensten, die Erweiterung von deren Befugnissen und Gesetzesverschärfungen. Bereits heute sind immer wieder AktivistInnen aus linken und sozialen Bewegungen von staatlicher Repression betroffen, mit Verfahren, Festnahmen, Verboten, Überwachung und Angriffen der Polizei konfrontiert. Die Gelder für die innere staatliche Aufrüstung im Rahmen der Konjunkturpakete, die steigende Zahl von Bundeswehreinsätzen im inneren, u.a. bei den Protesten gegen den G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm, sowie die geplanten Verschärfungen des Versammlungsgesetzes durch die baden-württembergische Landesregierung verdeutlichen wohin die Entwicklung geht.

Zu kapitalistischen Krisenpolitik gehören natürlich noch zahlreiche weitere Aspekte: Die Gleichschaltung der Medien etwa, die schon heute fest in der Hand von Journalisten und Redakteuren sind, die den bürgerlichen Parteien oder der Wirtschaft verpflichteten sind und mehr zur Desinformation als zur Information der Bevölkerung beitragen. Sie spielen ihre Rolle nahezu perfekt und legitimieren tagtäglich in vielfacher Ausführung die herrschende Politik und diffamieren jeden Versuch fortschrittlicher Veränderungen.

Auch die mal offene mal unterschwellige Propagierung rechter Positionen, ob die Feindseligkeit gegenüber MigrantInnen, der Hass auf Minderheiten oder das Vorgehen gegen aktive Linke, gehören zum Umgang von Politik und Kapital mit der Krise. Die Wut auf die Verhältnisse wird auf Sündenböcke gelenkt und die kapitalistische Logik, in der Solidarität und Gleichstellung nichts zählen etabliert, was eine fruchtbare Basis für die Hetze der faschistischen Kräfte bietet.

All die vielen hier genannten und noch weiteren Details, die die kapitalistische Politik in Zeiten der Krise des Systems ausmachen, bilden letztlich ein Ganzes: Mit allen ihnen in der aktuellen Situation passend erscheinenden Mitteln versuchen die Verwalter und Profiteure des Kapitalismus ihr System aufrecht und sich an der Macht zu halten. Sie können sich nach wie vor auf all die bürgerlichen Journalisten, knüppelschwingenden Polizisten, konservativen Pfaffen, Lehrer und Professoren, schießbereiten Soldaten und getreuen Gewerkschaftsbosse stützen. Die weitverbreitete politische Resignation tut ihr Übriges damit dieses System trotz der offensichtlichen Notwendigkeit seiner Überwindung noch recht ungefährdet ist.

Entscheidend wird aber letztlich sein ob diejenigen, die die Auswirkungen der Krise ausbaden sollen zusammenstehen und für ihre Interessen aktiv werden. Die Proteste von SchülerInnen und Studierenden, Streiks, Antikriegsproteste und Aktionen für den Schutz der Umwelt, linke und antikapitalistische Kampagnen zeigen in welche Richtung die kapitalistische Krise gelöst werden muss.

Gemeinsam kämpfen, streiken, organisieren!

Unterschiedlichen Mobilisierungen und Aktivitäten ob Streiks gegen Entlassungen, Proteste gegen die untragbare Situation im Bildungswesen, gegen Sozialabbau, Aufrüstung, den Ausbau der Polizei- und Überwachungsapparate oder politische Kampagnen sind heute von zentraler Bedeutung. Sie setzen nicht nur unmittelbare Forderungen auf die Tagesordnung, sondern helfen uns die Vereinzelung und damit unsere Schwäche zu überwinden. Sie bringen uns neue Erfahrungen und zeigen sowohl unsere Stärke als auch unsere noch vorhandenen Unzulänglichkeiten auf. In ihnen entwickeln wir Solidarität, Selbstbewusstsein und Organisierungsansätze. Nicht zuletzt ziehen sie auch den Trennungsstrich zwischen denen, die fortschrittliche Veränderungen anstreben und denen, die für die Beibehaltung dieser Verhältnisse oder deren Verschärfung stehen.

Es muss aber auch darum gehen, den eigenen Horizont zu erweitern, die Kämpfe nicht isoliert zu führen, sondern zu verbinden. Genau dafür steht auch die Mobilisierung am 17. September. Wenngleich diesmal nur in einigen Städten und nur mit lokalen Bündnissen mobilisiert wird, ist der Ansatz richtungsweisend: Nicht nur Motzen oder den Kopf in den Sand stecken, gemeinsam raus auf die Straße, aktiv werden und mit anderen zusammen für eine Perspektive jenseits der aktuellen Politik einstehen. Nicht Abgrenzungen und Grabenkämpfe, sondern eine gemeinsame Praxis mit Platz für unterschiedliche Konzepte und Ansätze ist die richtige Herangehensweise.

Her mit dem schönen Leben! Kapitalismus abwracken!

So wichtig die gemeinsamen Aktivitäten unterschiedlicher Strömungen und Initiativen, große Bündnisse und die verschiedenen Protestformen sind, gilt es doch sich nicht nur auf sie zu stützen. Es muss letztlich um eine konkrete und konsequente Veränderung der Verhältnisse gehen. Das Grundproblem ist das kapitalistische System, das auf Profitstreben, Kapitalverwertung und Konkurrenz beruht, das darauf aufbaut, dass eine Minderheit die Produktionsmittel besitzt und die Mehrheit ausbeutet, manipuliert und unterdrückt. Dieses System hat es auch ohne seine aktuellen Krisenerscheinungen schon lange verdient überwunden zu werden. Es enthält uns schließlich grundsätzlich die Selbstbestimmung über unsere Lebens- und Arbeitsverhältnisse vor und durchzieht die ganze Gesellschaft mit seinen menschenverachtenden Grundprinzipien. Eine Welt, in der nicht immer neuere Waffen und Kriegsstrategien entwickelt und Unmengen an Ressourcen dafür vergeudet werden, in der Bildung und Gesundheit keine Waren sind und der Schutz der Umwelt hohen Stellenwert hat, ist keine weltfremde Utopie, sondern eine schlichte Notwendigkeit.

Eine sozialistische Gesellschaftsordnung die den gesellschaftlichen Reichtum und die Produktivkräfte zum Wohle aller einsetzt, entwickelt und verteilt und auf der gemeinsamen Solidarität aufbaut, muss heute auf die Tagesordnung.
Einzelne tagespolitische Forderungen und politische Kampagnen dürfen nicht als Selbstzweck, sondern als Ansatz und Teil des Kampfes ums Ganze begriffen werden.
Unsere vielfältigen Organisierungen müssen weiter entwickelt und vernetzt, die vielen einzelnen Kämpfe zusammengeführt werden.

Perspektivisch müssen wir wieder in die Offensive kommen, die Ebene der Abwehrkämpfe verlassen und offensiv die Machtfrage stellen. Hierfür ist eine umfassende politische Organisierung notwendig, die sich mit nicht weniger zufrieden gibt, als dem Umsturz der herrschenden kapitalistischen Verhältnisse und dem Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung.

Für Solidarität und Klassenkampf!
Eine andere Welt ist nötig – Kapitalismus abschaffen! Für den Kommunismus!

Aktionstag am Donnerstag, den 17. September
Zahlreiche Gruppen, Initiativen und AktivistInnen rufen zu einem gemeinsamen Aktionstag auf. Die Planungen in Stuttgart, die von fast 30 Gruppen getragen werden, sehen bisher u.a. folgendes vor:

Flugblattverteilungen vor Betrieben [ab 6 Uhr]

Aktion gegen Aufrüstung und Kriege [15 Uhr, Treffpunkt Schlossplatz]

Aktion gegen Stuttgart21 [15.45 Uhr, Treffpunkt Haupteingang Stiftskirche]

Kundgebung zur Gemeinderatssitzung [16 Uhr]

Straßentheater für freie Bildung [18 Uhr, Schlossplatz]

Ab 18 Uhr Straßenfest mit Kundgebung auf dem Schlossplatz

Proteste gegen den Auftritt von SPD Kanzlerkandidat Steinmeier [20 Uhr]