Hallo,
ich werde kurz ein paar Sätze zur Repression gegen antifaschistische Aktivitäten in den letzten Monaten sagen:
Im vergangenen Jahr wurde in Stuttgart ein Antifaschist zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt weil er Flugblätter verteilt haben soll die zu Protest und Widerstand gegen einen Nazi-Aufmarsch in Schwäbisch Hall aufriefen. Im Zusammenhang mit diesem Verfahren gab es mehrere Hausdurchsuchungen, Plakate wurden auf Fingerabdrücke und DNA Spuren überprüft, wer zur Gerichtsverhandlung wollte, musste den Personalausweis abgeben und sich einer Personenkontrolle unterziehen. Wohlgemerkt: Es ging um die Verteilung eines antifaschistischen Flugblattes.
Anfang diesen Jahres wurden mehrere antifaschistische Infotische in der Region Stuttgart zunächst verboten, als das Verbot gerichtlich wieder aufgehoben wurde, wurden die Infotische von Polizisten umringt, hunderte Broschüren und Flugblätter beschlagnahmt und mehrere AntifaschistInnen festgenommen.
Regelmäßig werden Nazi-Aufmärsche von hunderten, teilweise von über tausend Polizisten durchgesetzt, gegen protestierende AnwohnerInnen und Antifaschisten wird mit Pfefferspray, Schlagstöcken, Hunde- und Pferdestaffeln vorgegangen. Vermummte Polizeieinheiten greifen AntifaschistInnen an und nehmen sie fest.
Außerdem wurden in diesem Jahr mehrere Verfahren gegen AntifaschistInnen eingeleitet weil sie antifaschistische Anstecker oder Aufnäher trugen und wird momentan ein Punk-Versandhandel kriminalisiert und durch die Beschlagnahmungen und Prozesskosten in seiner Existenz bedroht. Der Grund dafür ist der Verkauf von T-Shirts und anderem Merchandise mit antifaschistischen Symbolen.
Dies sind nur ein paar wenige exemplarische Beispiele der Verschärfung staatlicher Repression gegen AntifaschistInnen hier aus der Region.
Dieses aktuelle Vorgehen gegen AntifaschistInnen ist sicher kein Zufall: Es werden damit verschiedene Ziele verfolgt.
Wie einem Kommentar des Verfassungsschutzes zu den Nazi-Aufmärschen in Schwäbisch Hall zu entnehmen ist, wird davon ausgegangen dass massive Polizeieinsätze und ein vehementes Vorgehen gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten dazu führt, dass unsere Mobilisierungsfähigkeit sinkt. Es geht also darum, durch Einschüchterung und dem Zeigen von Stärke, die Aufmärsche der Nazis ohne größeren Widerstand und vor allem ohne Linke und militante AntifaschistInnen, möglichst reibungslos stattfinden zu lassen. Wenn dieses Ziel nicht durch direkte Repression am Ort des Geschehens erreicht wird, greifen sie eben an anderen Stellen an, etwa wenn Mobilisierungs-Flugblätter verteilt werden oder sich Gruppen organisieren.
Es geht dabei aber nicht nur darum die konkreten Mobilisierungen etwa gegen Nazi-Aufmärsche, zu schwächen. Da Antifaschismus nach wie vor ein Themenfeld ist, auf dem sich vor allem Jugendliche politisieren, sich organisieren, Erfahrungen sammeln und die Konfrontation auch mit der Staatsmacht eingehen, wird versucht an dieser Stelle anzusetzen und linker Politik eine weitere wichtige Stütze zu nehmen. Die Angriffe auf die antifaschistische Bewegung sind auch Angriffe auf eine Bewegung die in den letzten Jahren immer wieder in andere Bereiche intervenierte, etwa bei den Protesten gegen die kapitalistische Globalisierung.
Letztlich soll jegliche Bewegung die sich nicht unter staatlicher Kontrolle befindet möglichst weit eingedämmt, eingeschüchtert und zerschlagen werden. Dass mit der Repression gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten gleichzeitig den Nazis weitere Freiräume zukommen und sie ihre Strukturen weiter ausbauen können, spielt für den staatlichen Repressionsapparat dabei keine Rolle. Schließlich befinden sich die Positionen der Faschisten zum Großteil durchaus im Rahmen des bürgerlichen Demokratieverständnis, mit der allgemeinen Rechtsentwicklung der etablierten bürgerlichen Parteien umso mehr.
Das wir uns beim Kampf gegen Nazis und andere Reaktionäre nicht auf den bürgerlichen Staat und seine Organe verlassen dürfen ist nicht erst seit den Pogromen Anfang der 90er oder dem geheuchelten “Aufstand der Anständigen” bekannt. Es wird auch zunehmend offensichtlich, dass wir als Antifaschistinnen und Antifaschisten uns der Konfrontation mit dem bürgerlichen Staat stellen müssen. Dies einerseits weil das kapitalistische System immer die Option Faschismus als Antwort auf seine Krise beinhaltet und tagtäglich etwa durch die rassistische Flüchtlingspolitik, Aufrüstung oder die Einschränkung sozialer Rechte unseren Widerstand hervorrufen muss. Andererseits aber eben weil unsere antifaschistischen Aktivitäten zunehmend angegriffen werden und eingeschränkt werden sollen.
Dass die Strategie von Polizei und Justiz dabei bisher noch nicht wirklich erfolgreich war hat sich in den letzten Monaten hier gezeigt: Es ist geglückt die antifaschistischen Infotische trotz Repression durchzuführen, trotz Beschlagnahmungen Zehntausende der kriminalisierten Flugblätter und Broschüren zu verteilen, im Januar wurde ein Naziaufmarsch durch Stuttgart verhindert und antifaschistische Strukturen wie das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region konnten ausgebaut werden.
Es liegt also alleine an uns, ob die Repression des Staates erfolgreich ist oder wir ihr etwas entgegensetzen können. Dafür ist es notwendig dass wir Strukturen organisieren, die den Angriffen von Polizei und Justiz standhalten und sie zurückschlagen können. Strukturen die Antifaschismus als einen Bereich neben vielen zum Thema haben und dabei nicht den Kampf gegen das kapitalistische System und für eine klassenlose und befreite Gesellschaft vergessen.
Zusammen kämpfen – gegen Faschisten, Staat und Kapital!
Für eine befreite Gesellschaft! Für den Kommunismus!