Tag für die Freiheit der Politischen Gefangenen 2012:
Innenstadt-Action in Stuttgart und Kundgebung in Stammheim

Am Abend des 15. März zogen rund 30 AktivistInnen in einer unangemeldeten Demonstration gegen staatliche Repression und für einen starken linken Selbstschutz durch die Stuttgarter Innenstadt. Aufhänger der Aktion waren die aktuellen Fälle von Untersuchungshaft gegen linke AktivistInnen aus Stuttgart und die zahlreichen weiteren Fälle staatlicher Repression. Wir verstehen die Demo als einen Schritt zur Unterstützung einer kämpferischen und kollektiven Selbstverteidigung gegen die Angriffe der Herrschenden.
Die Demo lief teilweise vermummt mit lauten Parolen wie „Gegen jede Repression – Für die soziale Revolution!“, „Gegen Überwachung und Kontrollen – wir demonstrieren wie wir wollen“ und pyrotechnischer Begleitung in die zentrale Einkaufsmeile Stuttgarts. Am Rande der Aktion verschönerten einige GenossInnen Gebäudewände durch politische Sprühschablonen. An die PassantInnen wurden Flugblätter verteilt. Ohne dass es zu Kontakt mit der Polizei gekommen wäre wurde die Demo in Ruhe beendet.

Repressionsorgane wie die Stuttgarter Staatsanwaltschaft konzentrieren sich aktuell auf die stetige Kriminalisierung von politischen Aktivitäten um aktive linke Bewegungen zu schwächen. Es laufen zahllose Verfahren unter anderem wegen angeblichen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz bei verschiedenen Demos und Aktionen, den Protesten gegen Stuttgart21, wegen Handgreiflichkeiten mit schwerbewaffneten Bullen und jeder noch so kleinen Auseinandersetzung mit Rassisten und Nazis. Letzte Konsequenz dieser Angriffe sind zunehmend auch Knaststrafen. Neben diesen verschiedenen Formen von direkten Bestrafungen belästigen Staatsschutz und Verfassungsschutz linke AktivistInnen mit ständiger Bespitzelung und regelmäßigen Aushorchversuchen. Bei alldem geht es um Einschüchterung durch die systematisierte Erfassung und Kriminalisierung von Aktiven und um Zermürbung durch den Zwang zur anhaltenden Auseinandersetzung mit juristischen Vorwürfen. Jedes organisierte und praktische Handeln gegen Krieg, Faschismus und Ausbeutung sieht sich so von Beginn an mit einer Vielzahl an Maßnahmen konfrontiert, die ein selbstbewusstes Auftreten und kontinuierliche Arbeit verhindern sollen.

Zwei Antifaschisten aus Stuttgart sitzen aktuell unabhängig voneinander wegen politischen Vorwürfen in Untersuchungshaft, ein weiterer wurde nach viereinhalb Monaten Haft erst letzten Dezember entlassen. Diese konkreten Fälle machen die genannten Tendenzen staatlicher Repressionsmaßnahmen plastisch und für uns alle spürbar.
Wir haben jedoch kein Interesse daran, die Einschüchterungsbestrebungen der Herrschenden aufgehen zu lassen. Unser Gegenrezept ist offensive Antirepressionsarbeit und ein gewissenhafter Selbstschutz! Mit dem gewählten Datum, für die Demo, wenige Tage vor dem 18. März, wehren wir uns einerseits gegen die aktuellen Fälle von Klassenjustiz. Andererseits wollen wir unser heutiges Handeln für eine revolutionäre Perspektive und gegen die Angriffe des Staates in die Tradition der Repressionsabwehr der internationalen kommunistischen Bewegung stellen. Der internationale Tag der politischen Gefangenen, der 18. März ist dabei ein zentraler Bezugspunkt für uns, mit dem wir die Notwendigkeit der offensiven Solidaritätsarbeit kontinuierlich unterstreichen. Die Aktion stellt dazu unseren diesjährigen Beitrag dar.
Am Sonntag, den 18. März findet außerdem um 17 Uhr eine Kundgebung vor dem Knast in Stuttgart Stammheim statt, wo momentan zwei Stuttgarter Antifaschisten und mehrere politisch aktive kurdische Jugendliche einsitzen.

+++Seit dem 8. Februar sitzt der Stuttgarter Antifaschist Smily in Untersuchungshaft in der JVA Stammheim. In einem politischen Prozess vor dem Amtsgericht wurden ihm unter anderem eine handfeste Auseinandersetzung mit rechtsoffenen Skinheads und politische Sprühereien in der Stuttgarter Innenstadt vorgeworfen.+++

+++Am 27. Januar wurde Danny nach einem Auslandsaufenthalt am Düsseldorfer Flughafen festgenommen. Ihm wird vorgeworfen seine Bewährungsauflagen nicht eingehalten zu haben, weil er die ihm aufgetragenen Arbeitsstunden nicht ableistete. Grund für die Bewährungsstrafe war ein skandalöser Indizienprozess gegen ihn und sechs weitere Antifaschisten. Den Verurteilten wird vorgeworfen, an einer Auseinandersetzung mit NPD-Nazis beteiligt gewesen zu sein. Der Vorfall soll sich im Rahmen der Proteste gegen einen faschistischen Liederabends der Partei im Jahr 2007 ereignet haben +++

Heraus zum Kampf gegen Klassenjustiz und Polizeistaat!
Freiheit für Smily, Danny und alle anderen politischen Gefangenen!
Für die befreite Gesellschaft, für den Kommunismus!

Bericht von der Kundgebung am 18. März in Stammheim

Am 18. März, dem Tag für die Freiheit der politischen Gefangenen, fand vor den Mauern der JVA Stuttgart-Stammheim eine Kundgebung für die dort einsitzenden linken Aktivisten statt. Im Anschluss kam es noch zu einem kleinen unangemeldeten Spaziergang auf die Rückseite des Knastes.

Trotz Dauerregens nahmen ca. 50-60 Personen an der Kundgebung vor dem Haupteingang des hermetisch abgeriegelten Knastes teil. Mit Parolen, Transparenten und Fahnen wurden die Gefangenen gegrüßt, was von diesen ebenfalls mit Parolen, vor allem gegen die anwesenden Bullen erwidert wurde.
Inhaltlich wurde in den Redebeiträgen hauptsächlich auf die Situation der beiden in Stammheim inhaftierten Antifaschisten Smily und Danny eingegangen. Dazu wurden u.a. politische Statements der beiden verlesen, um ihnen auch auf diesem Wege eine Möglichkeit zu bieten politisch zu intervenieren.
In weiteren Redebeiträgen wurde die Notwendigkeit kontinuierlicher und politisch breit angelegter Soliarbeit betont und versucht die Verhaftungen der beiden Genossen in den größeren Kontext einer zunehmend repressiven Entwicklung zu stellen. In diesem Zusammenhang wurden z.B. die über 1400 Verfahren gegen GegnerInnen von Stuttgart 21, der einwöchige Unterbindungsgewahrsam eines Jugendlichen aus dieser Bewegung, die Hausdurchsuchungen wegen der Verhinderung des Naziaufmarsches in Dresden 2011, die generelle Verfahrensflut gegen linke AktivisInnen wegen „Demodelikten“ und ähnlichem, sowie ständig zunehmende Überwachung genannt.

Da von dem Kundgebungsort nur ein Teil der Gefangen erreicht werden konnte und Danny sowie kurdische linke Jugendliche auf der anderen Knastseite sitzen, zogen die TeilnehmerInnen im Anschluss noch auf die andere Seite des Knastes und zeigten auch dort lautstark ihre Solidarität mit den politischen und sozialen Gefangenen.