Gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes in Baden-Württemberg!

Im baden-württembergischen Landtag soll noch im Dezember eine Neufassung des Versammlungsgesetzes verabschiedet werden, die immense Auswirkungen auf eine Vielzahl von politischen Aktivitäten haben wird. Auch Streikaktionen und jegliches kritische Engagement können, in dem Fall dass das neue Gesetz verabschiedet wird, zukünftig stark eingeschränkt und in vielen Fällen verboten werden.

Der geplante Eingriff in das Versammlungsrecht ist möglich geworden, weil nach der Föderalismusreform 2006 die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in diesem Bereich auf die Länder übergegangen ist. Baden-Württemberg wäre nach Bayern das zweite Bundesland, in dem das Versammlungsrecht verschärft wird – weitere Bundesländer sollen, mit den gleichen oder ähnlichen Änderungen, folgen.

Erst kürzlich wurde, von der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen, bereits ein neues Landes-Polizeigesetz verabschiedet, das die Befugnisse der Behörden weiter ausweitet und die Bürgerrechte beschneidet.

Der Umfang und die drohenden Folgen des neuen Versammlungsgesetzes

Das Gesetzespaket beinhaltet fundamentale Einschränkungen der Betätigungsmöglichkeit für die antikapitalistische Linke, aber auch für die klassischen Institutionen der politischen, sozialen und ökonomischen Konfliktaustragung, sprich: Gewerkschaften, Bürger- und Jugendinitaitiven, die Friedensbewegung und andere.

Der Gesetzesentwurf umfasst mehrere Dutzend Seiten, es ist im Rahmen dieses Aufrufes daher nur möglich seine Tendenz und einige wenige Einzelheiten darzustellen.

Einschüchterung und Registrierung

Augenfällig ist der Versuch der CDU/FDP Regierung, TeilnehmerInnen und Organisatoren von Demonstrationen und Kundgebungen noch stärker als bislang üblich, zu überwachen und zu registrieren. So erhält die Polizei erweiterte Befugnisse die TeilnehmerInnen bereits auf dem Weg zur Demonstration intensiv zu kontrollieren. Während Demonstrationen und Kundgebungen soll zukünftig präventiv nach Belieben von der Polizei offen und verdeckt gefilmt und fotografiert, sowie die Bilder fest installierter Kameras genutzt werden dürfen.
Sämtliche Ordnerinnen und Ordner müssen der Polizei im Vorfeld namentlich bekannt gegeben werden, sie sind somit allein wegen ihrer Mithilfe bei der Durchführung einer Versammlung polizeilich registriert.

Versammlungen nach belieben be- und verhindern

Das Recht auf Versammlungsfreiheit, das zwar im Grundgesetz festgeschrieben ist, schon in der Vergangenheit aber vielfach eingeschränkt wurde, soll weiter beschnitten werden. So soll bereits die Anmeldung einer Demonstration oder Kundgebung zukünftig stark erschwert werden: Statt der bisherigen 48 Stunden, sollen sie bereits mindestens 72 Stunden im voraus angemeldet werden müssen. Das Reagieren auf kurzfristige Ereignisse in Form einer Protestaktion wird somit in vielen Fällen kaum noch möglich sein. Auch hat z.B. die Unternehmerseite im Falle von Streikaktionen, mehr Zeit sich auf die Situation einzustellen und die Proteste, etwa durch das Anheuern von Streikbrechern, verpuffen zu lassen.

Dazu soll es weiter erleichtert werden einzelnen Personen, z.B. im Falle von Vorstrafen, generell die Anmeldung von Kundgebungen und Demonstrationen zu untersagen, bzw. die Anmeldungen in diesen Fällen nicht zu genehmigen. Einzelne Ordnerinnen und Ordner können ebenfalls nicht zugelassen werden, wenn auch nur der Verdacht besteht, dass sie „ungeeignet sind, den Versammlungsleiter zu unterstützen“ bzw. nicht stark genug mit der Polizei kooperieren. Allein dadurch kann die Durchführung größerer Demonstrationen, auf denen teilweise mehrere hundert OrdnerInnen benötigt werden, durch die Behörden stark erschwert werden.

Anmelder bzw. Versammlungsleiter von Demonstrationen sollen zukünftig direkt gegenüber der Polizei verpflichtet sein für einen absolut reibunglosen Ablauf der Versammlung zu sorgen. Selbst dagegen, dass „der Eindruck einer Gewaltbereitschaft“ bei Teilen der Demonstration entsteht – die Definition bleibt natürlich Auslegungssache der Polizei – müssen sie selbst vorgehen, bzw. die Demonstration oder Kundgebung auflösen. Sollten sie dies nicht können, bzw. sich weigern die Versammlung aufzulösen, drohen ihnen immense Strafen.

Desweiteren sollen Protestaktionen auch generell leichter verboten werden können: Der Gesetzesentwurf enthält beispielsweise die beliebig auslegbare Formulierung, dass allein beim Bestehen “gleichrangiger Interessen Dritter” eine Demonstration verboten oder eingeschränkt werden kann. Insbesondere steht zu befürchten, dass dies bei Streikaktionen der Gewerkschaften zur Anwendung kommen wird, indem argumentiert wird, dass die Profitinteressen des kapitalistischen Unternehmens gleich hoch anzusehen wären wie die Anliegen der Gewerkschaften. Aber auch harmlose Aktionsformen wie die Menschenkette um den Hauptbahnhof gegen Stuttgart 21 können als Einschränkung “gleichgrangiger Interessen Dritter” interpretiert werden, in diesem Fall z.B. der DB AG. Ebenso können antifaschistische Kundgebungen gegen zeitgleich in der Nähe stattfindende Naziaufmärsche davon betroffen sein – hierfür gibt es im Gesetzespaket obendrein noch weitere Einschränkungen (siehe unten). Die Formulierung schließt noch nicht einmal aus, dass die Behörden künftig selbst die Behinderung des Verkehrs durch eine Demonstration oder Schwierigkeiten für kurze Zeit Geschäfte betreten zu können als Vorwand nehmen um Demonstrationen zu verbieten, bzw. sie nur in kaum belebten Gebieten zu genehmigen.

Für den Fall dass eine Versammlung nicht schon im Vorfeld verboten oder durch die Vielzahl von Auflagen verhindert wurde, sollen erweiterte Möglichkeiten, sie frühzeitig polizeilich aufzulösen, geschaffen werden. Zu dem bereits bestehenden und beliebig auslegbaren „Uniformierungsverbot“ soll ein sogenanntes „Militanzverbot“ hinzukommen. Damit wird das Ziel verfolgt, allein das Auftreten eines Demonstrationsteiles, kriminalisieren zu können. Allein eine nonkonforme Außenwirkung, etwa durch mehrheitlich dunkle Kleidung – unter Umständen reichen sogar einheitliche Streikwesten oder gleichfarbige Mützen u.ä. – kann so als Vorwand zur Auflösung der Versammlung oder für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und schließlich zur Verurteilung des Versammlungsleiters, bzw. Anmelders genommen werden.

Einen weiteren Einschnitt hätte die Facette des Gesetzes zur Folge, die zukünftig bereits zwei Personen als Versammlung definiert. Zwei Streikposten können somit ebenfalls eine eigene anmeldungspflichtige Versammlung darstellen wie zwei Antifaschisten, die gegen einen Infotisch der NPD protestieren oder zwei Studierende die Flugblätter gegen Studiengebühren verteilen. Mit der Pflicht eine solche „Versammlung“ anzumelden geht natürlich auch die Möglichkeit eines Verbotes, d.h. des Verbotes sich mit einer anderen Person an einem bestimmten Ort aufzuhalten einher.

Verhinderung von effektiven Protestformen

Formen zivilen Ungehorsams, etwa das Stören von Veranstaltungen der bürgerlichen Parteien, aber auch von Unternehmen, sowie von politischen Gipfeltreffen, sollen künftig einer massiven Sanktionierungsandrohung unterliegen. Insbesondere für die antifaschistische Praxis hätte dieses “Störungsverbot” gravierende Auswirkungen. Schon der Aufruf zur Be- oder Verhinderung eines Naziaufmarsches stünde unter massivster Strafandrohung: 1 Jahr Haft allein für den Aufruf, etwa in Form eines Flugblattes, im Zusammenhang mit “Gewaltandrohung” sogar 2 Jahre Haft.
Bereits der Aufruf zur Blockade der NATO-Feierlichkeiten im nächsten Frühjahr steht somit unter Strafandrohung. Eine breite Palette bislang zumindest halbwegs legaler Aktionsformen soll so bereits im Vorhinein kriminalisiert werden, Veranstaltungen und das Erstellen wie auch das Verteilen von Flugblättern die sich für ernsthafte Protestformen aussprechen, zu Gefängnisstrafen führen können.

Möglichkeiten zur Überwachung und zum Verbot von politischen Veranstaltungen

Die Verschärfungen des Versammlungsgesetzes sind nicht nur im Zusammenhang mit Versammlungen unter freiem Himmel, also Kundgebungen und Demonstrationen geplant, sie sind auch gegen Veranstaltungen in geschlossenen Räumen gerichtet.

Das Durchführen von Veranstaltungen soll u.a. dadurch erschwert werden, dass für jede Veranstaltung auf die eingeladen wird ein Versammlungsleiter benennbar sein, sowie eine verantwortliche Person inkl. ihrer Anschrift auf der Einladung aufgeführt werden muss. Auf diese Weise sollen vermehrt Daten von Aktiven gesammelt werden und diese genutzt werden können, um etwa im Fall von Äußerungen die während einer Veranstaltung fallen und den Ärger der Behörden erwecken, Strafverfahren einzuleiten.

Dazu sollen die Behörden das Recht erhalten auch für Saalveranstaltungen Auflagen zu erlassen. Sie sollen obendrein behördlich oder polizeilich verboten werden können, wenn “Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter bzw. Referent Ansichten vertritt oder Äußerungen dulden wird, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.” Nicht nur Veranstaltungen zu politischen Strafprozessen, zur Mobilisierung zu Aktionen zivilen Ungehorsams oder antifaschistischen Protesten, können somit einfach verboten werden. Letztlich könnte wohl zu jeder Veranstaltung, die die herrschende kapitalistische Ordnung in Frage stellt, der Paragraph für deren Verbot herangezogen werden.

All dies wird dadurch ergänzt, dass der Polizei auf jeder Veranstaltung Zutritt gewährt werden muss. Die totale Überwachung praktisch sämtlicher politischer Debatten durch uniformierte wie auch zivile Polizisten soll damit zur Realität werden.

Das praktisch sämtliche Zusammenkünfte, ob öffentlich oder nicht den genannten Auflagen unterliegen sollen, wird durch die Formulierung im Gesetzestext deutlich: Es geht um „Zusammenkünfte von mindestens zwei Personen“ die „überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung“ aus sind.

Die Gesetzesverschärfungen und der „Extremismus“

Es wird wohl als Treppenwitz in die Geschichte eingehen, dass CDU und FDP die Gesetze gegen antifaschistisches Engagement ausgerechnet mit dem Vorwand verschärfen, auch gegen die extreme Rechte vorgehen zu wollen. Faktisch wird den Nazis durch die Verschärfungen des Versammlungsrechtes mehr Spielraum gegeben – im Falle der CDU von einer Partei die vom Studienzentrum Weikersheim, über Autoren der Neu-Rechten Zeitung Junge Freiheit bis zu Treffen alter Nazi-Kriegsverbrecher wie dem Gebirgsjäger-Treffen in unzähligen Fällen aufs engste mit der extremen Rechten verflochten ist. Von den politischen Positionen, nicht nur ihres rechten Flügels und den vielen Ex-NSDAP und SS Größen, die in CDU und CSU Karriere machten, ganz zu schweigen.

Die im Gesetzesentwurf formulierten Verbote an Gedenkorten „der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft“, sowie an den Gedenktagen 27. Januar und 9. November zu demonstrieren, wenn dadurch „die Würde der Opfer beeinträchtigt wird“ sind offensichtlich lediglich Floskeln. Tatsächlich gab es in den letzten Jahren kaum einen Nazi-Aufmarsch der dadurch auch nur im geringsten beeinträchtigt worden wäre.

Gleich mehrere Absätze in der Gesetzesvorlage zielen hingegen eindeutig auf ein Verbot ab, gegen Nazi-Aufmärsche aktiv zu werden. Sowohl der Aufruf zum Widerstand, als auch die Beteiligung, etwa an Blockaden, sollen mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden.

Das die faschistische Bewegung weder in der Vergangenheit noch der Gegenwart allzuviel von Seiten des bürgerlichen Staates zu befürchten hat, ist kein Geheimnis. Einzig der antifaschistische Widerstand der Bevölkerung, mit seinen vielen unterschiedlichen Mitteln, kann ihnen wirklich und dauerhaft etwas entgegensetzen. Genau diesem Widerstand wollen die vermeintlichen „Extremismusgegner“ noch stärker entgegentreten.

Auch in Zukunft gilt aber: No pasaran – Sie kommen nicht durch! Verbote hin oder her: Wir bekämpfen die Faschisten – zusammen, überall und mit allen Mitteln!

Fazit

Die geplanten Gesetzesverschärfungen zielen darauf ab, die jetzt schon vorhandenen und vielfältig genutzten rechtlichen Möglichkeiten zur Einschränkung und Verhinderung politischer und sozialer Proteste auszuweiten. Großrazzien gegen politische Bewegungen wie im Vorfeld des G8 Gipfels 2007, Prozesse gegen Demo-Anmelder wie zuletzt unter anderem in Stuttgart, Pforzheim und Karlsruhe, Verfahren gegen politisch Aktive, Verhinderung von antifaschistischen Protesten und Prozesse gegen aktive AntifaschistInnen sollen zukünftig noch besser rechtlich abgesichert werden.

Sie zielen dabei in erster Linie auf die antikapitalistische Linke ab, setzen aber schon bei Protesten an, die Regierung und Kapital auf irgendeine Art ein Dorn im Auge sein könnten. Polizei und Ordnungsbehörden sollen nahezu ungehemmt darüber entscheiden können ob bzw. welche Versammlungen und Veranstaltungen stattfinden und deren Verlauf dann nach Belieben bestimmen können. Zusätzlich sollen ihnen alle Möglichkeiten gegeben werden, die Daten von AktivistInnen zu sammeln und weitgehend willkürlich Strafverfahren im Zusammenhang mit politischen Aktivitäten einzuleiten.

Die geplanten Verschärfungen laufen auf direkte Angriffe auf den radikalen Teil der Linken und die starke Einschränkung der gemäßigten Teile, sowie sozialer Proteste und Streikaktionen hinaus.

Wer davon ausgeht, dass die Möglichkeiten, die die geplanten Gesetzesverschärfungen liefern nicht ausgeschöpft werden, sei daran erinnert, dass die staatlichen Organe in der Regel eher über das hinausgehen was ihnen an rechtlichen Mitteln zusteht, als dass sie etwas ungenutzt lassen. So wurden alleine in den letzten Monaten mehrere Fälle staatlichen Vorgehens von höheren Gerichtsinstanzen als rechtswidrig eingestuft. Den davon Betroffenen, AktivistInnen der Anti-G8 Mobilisierung, mehrere Antifaschisten in Norddeutschland und Antimilitaristen aus Berlin, haben diese im Nachhinein gefällten Urteile nicht allzuviel gebracht: Sie waren mit Razzien und Beschlagnahmungen, intensiven Überwachungsmaßnahmen und Prozessen konfrontiert.

Selbst wenn die Gesetzesverschärfungen nicht sofort nach ihrem in Kraft treten tatsächlich überall dort wo sie greifen können angewendet werden, darf ihre Bedeutung nicht unterschätzt werden: Es muss von einer kontinuierlichen Einschränkung, stetigen einzelnen Angriffen und insbesondere im Falle von größeren Mobilisierungen – etwa Proteste gegen die Gipfeltreffen der Herrschenden wie beim G8, kämpferisch geführte Streiks oder größere Mobilisierungen gegen Naziaufmärsche – mit einer Vielzahl von Einschränkungen, Repressionsschlägen und Strafverfahren gerechnet werden.

Hinzu kommt die ständige Bedrohung einzelner AktivistInnen bzw. Zusammenhängen z.B. innerhalb der Gewerkschaften, aufgrund von leicht kriminalisierbaren Aktivitäten von der Gewerkschaftsführung zurückgehalten oder ausgeschlossen zu werden.

Keineswegs unterschätzt werden darf auch die aus den geplanten Gesetzesverschärfungen erwachsende Gefahr vom Verbot ganzer politischer Organisierungen und Organisationen, bzw. deren noch stärkere Überwachung. Aktivitäten wie die Mobilisierung gegen Naziaufmärsche, zu Blockadeaktionen oder zu antikapitalistischen Blöcken auf Demonstrationen könnten eine Titulierung als „kriminelle Vereinigung“ nach §129 erleichtern.

Warum das alles?

Die gegenwärtige Aufrüstung des Sicherheitsapparates und die Ausdehnung staatlicher Überwachung – die aktuell in erster Linie unter dem Vorwand des Kampfes gegen „politischen Extremismus“ oder „Terrorismus“ vollzogen werden – sind Ausdruck eines sich zunehmend autoritär formierenden kapitalistischen Systems. Die Verschärfungen hier sind Teil einer tendenziell globalen Entwicklung, die in unterschiedlichen Ausprägungen für alle kapitalistischen Zentren (Westeuropa, USA etc.) zutrifft. Sie hat ihre Ursache in den ökonomischen und politischen Krisentendenzen des Systems: Die Zeiten, in denen die Symptome des Kapitalismus – Krieg, Armut, nur eine marginale soziale Absicherung für breite Bevölkerungsschichten, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen etc. – in andere Teile der Welt „exportiert“ wurden und in den sog. Industrienationen im großen und ganzen ein „ruhiges Hinterland“ des Kapitals geschaffen wurde, gehen ihrem Ende zu. Das was in den kapitalistischen Zentren als „Errungschaften der sozialen Marktwirtschaft“ gepriesen wurde – relativer materieller Wohlstand für breite Schichten der ArbeiterInnenklasse, Sozial- und Gesundheitssystem, Einbinden der Gewerkschaften etc. – ist im kapitalistischen Konkurrenzkampf für keine Regierung und keine Kapitalfraktion mehr im einstigen Ausmaß verwirklichbar. Verheerende Lebens- und Arbeitsbedingungen, die weltweit bis heute für die meisten Menschen zum Alltag gehören, prägen für immer mehr Menschen auch in den kapitalistischen Zentren, die über ein paar Jahrzehnte weitgehend davon verschont geblieben sind, zunehmend den Alltag.

Die Vertreter des Kapitals und die bürgerlichen Parteien reagieren mit den Einschnitten auf die zunehmenden Schwierigkeiten, für die Unmengen an erwirtschaftetem Kapital weiterhin profitable Verwertungsmöglichkeiten zu schaffen. Eine endgültige Lösung sind allerdings weder die Kürzungen bei Löhnen und Sozialabgaben, noch die Ausrichtung aller gesellschaftlicher Bereiche nach Kapitalinteressen, noch imperialistische Kriege für den Zugang zu Märkten und Rohstoffen. All dies schiebt wirtschaftliche Krisen lediglich hinaus.

Die repressive Entwicklung in Form von Gesetzesverschärfungen und der Aufrüstung des Polizei- und Überwachungsapparates soll in dieser Situation Proteste und den Widerstand gegen die herrschende Politik bereits im Keim ersticken, einschränken und verhindern. Maßgeblich werden die Instrumentarien dabei gegen die Kräfte angewandt, die das kapitalistische System grundlegend in Frage stellen und für eine revolutionäre Perspektive eintreten. Erleichtert wird dies durch die momentane inhaltliche und organisatorische Schwäche der revolutionären Linken und ihre nach wie vor weitgehende gesellschaftliche Isolierung.

Die Repression zielt aber zunehmend auch auf weitere Kreise ab. Die Gesetzesverschärfungen der letzten Monate und Jahre haben in diesem Sinne einen präventiven Charakter und dienen dem bürgerlichen Staat dazu gegen jegliches Engagement, das den kapitalistischen Alltag im Ablauf stören könnte vorzugehen. Ob Streiks, die bevorstehen, wenn es der Gewerkschaftsführung nicht mehr gelingt den Beschäftigten weitere Zugeständnisse an die Unternehmerseite zu vermitteln, Bewegungen gegen die Zerstörung der Umwelt ob in Form von neuen Kohlekraftwerken oder Atomkraft, Antikriegsbewegungen gegen die militärische Aufrüstung der BRD und deren Beteiligung an imperialistischen Kriegen – alle Kräfte die an den auftretenden Widersprüchen des Systems ansetzen, werden mit der Zuspitzung der Verhältnisse und den mangelnden Möglichkeiten von Zugeständnissen von den Herrschenden als Gefahr angesehen.

Unsere Antwort auf ihre Krise: Solidarität, Widerstand und Organisierung!

Aktivitäten gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes sind eine dringende Notwendigkeit. Jeder und jede, der oder die auch nur im geringsten mit den herrschenden Verhältnissen unzufrieden ist und die kapitalistische Politik mit all ihren Kriegen, mit Sozialabbau, Umweltzerstörung, Umstrukturierungen in Gesundheits- und Bildungswesen nach Verwertungsinteressen, dem Auseinanderklaffen der Schere zwischen arm und reich, nicht als unabdingbare Notwendigkeit betrachtet, ist in der Pflicht sich gegen die geplanten Angriffe auf die Möglichkeiten zur politischen Betätigung, zu wehren. Wer sich im Bewusstsein der Tragweite dieser Angriffe nicht an den Aktivitäten dagegen beteiligt, wird auch nur schwer in der Lage sein, im Falle von deren Umsetzung damit umgehen zu können.

Eine starke Bewegung kann die Pläne von CDU und FDP noch kippen, sie ist insbesondere aber notwendig um mit der konkreten Umsetzung der Verschärfungen umgehen zu können, bzw. sie möglichst weit einzuschränken.

Eine Verwunderung über die Pläne der rechten Landeskoalition aus CDU und FDP ist ebenso unangebracht wie ein Zurückweichen aufgrund ihrer schon stattfindenden und ihrer noch geplanten Angriffe. Die Herrn Oettinger, Goll und co. bzw. die Klasse aus Ausbeutern, Sozialabbauern und Kriegsprofitlern die sie vertreten, sind in der Situation, auf die Schwierigkeit, ihr System weiter aufrecht zu erhalten, reagieren zu müssen. Sie brauchen weitreichendere Gesetze, einen noch stärker aufgerüsteten Repressionsapparat, mehr Überwachung der Bevölkerung und Möglichkeiten selbst gegen Veranstaltungen vorzugehen.

Wenn sie uns, die revolutionäre Linke, die Aktiven aus Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, die militanten AntifaschistInnen und UmweltaktivistInnen angreifen, zeigt das in erster Linie ihre Schwäche auf und muss für uns Anlass sein uns so zu organisieren, dass es uns gelingt ihren Angriffen standzuhalten, sie zurückzuschlagen und ihre Schwäche für unser Vorankommen zu nutzen. Dort wo es Spielräume für unser Engagement gibt, gilt es diese auszuschöpfen, dort wo es sie nicht gibt, gilt es sie zu erkämpfen. Konfrontationen mit den Organen der herrschenden Klasse gehörten und gehören zu jedem gesellschaftlichen Fortschritt.

Wir rufen zur Beteiligung an einem kämpferischen und antikapitalistischen Block bei der Demonstration auf. Damit gilt es zum Ausdruck zu bringen, dass wir uns nicht auf das Reagieren auf die herrschende Politik beschränken. Unser Ziel ist und bleibt die Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse und der Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung. Dieses System das auf Verwertung und Profit, Konkurrenz und Ausbeutung beruht ist mit seinem ganzen Repressions- und Überwachungsapparat zu zerschlagen – auch wenn das, mit oder ohne neuem Versammlungsgesetz, verboten ist.

Wir demonstrieren wann, wo und wie wir wollen!
Solidarität und Klassenkampf gegen Krieg, Ausbeutung und Repression!
Für eine befreite Gesellschaft – für den Kommunismus!

Landesweite Demo gegen das neue Versammlungsrecht: Samstag, 06.12. Stuttgart, 14 Uhr
Lautenschlagerstrasse (gegenüber Hauptbahnhof) Stuttgart

Homepage des Bündnisses: www.versammlungsrecht2009.tk

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