Angefangen hat es mit einem Streik der LehrerInnen-Gewerkschaft, für bessere Arbeitsbedingungen und soziale Verbesserungen für die SchülerInnen. Nachdem die Streikposten von der Polizei angegriffen wurden, hat sich in Oaxaca, der Hauptstadt des gleichnamigen mexikanischen Bundesstaates eine unglaubliche Dynamik entwickelt. Hunderttausende gingen auf die Straße, verjagten den Gouverneur, besetzten Rundfunkstationen und errichteten Ansätze einer Volks-Demokratie. Trotz zahlreichen Angriffen von Polizei und Paramilitärs geht der Widerstand weiter. Weltweit fanden am 22.12.2006 Solidaritätsaktionen statt – auch in Stuttgart.

Schluss mit den Angriffen von Polizei und Paramilitärs!

Im Mai 2006 traten etwa 70 000 LehrerInnen in Oaxaca, der Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates in Mexiko in den Streik. Sie forderten bessere Arbeitsbedingungen und soziale Reformen, z.B. täglich eine Mahlzeit für die SchülerInnen. Tausende Menschen solidarisierten sich mit den Streikenden. Am 14. Juni griff die Bundespolizei die Streikposten in der Innenstadt von Oaxaca an, sie setzte dabei Tränengas, Helikopter und Schusswaffen ein. Noch am selben Tag eroberten die LehrerInnen unterstützt von der Bevölkerung in stundenlangen Kämpfen die Innenstadt zurück. In den folgenden Wochen entstand eine Massenbewegungen gegen die staatliche Repression und den Gouverneur Ulises Ruiz, sowie für soziale Reformen. An kilometerlangen Demonstrationszügen nahmen mehrere hunderttausend Menschen teil, Regierungsgebäude und Rundfunkstationen wurden besetzt und Barrikaden errichtet, auch über die Stadtgrenzen hinaus. Mehr als 300 Organisationen schlossen sich zur Volksversammlung APPO zusammen. Trotz zahlreicher Angriffe von Polizisten in Zivil und Paramilitärs mit mehreren Toten und trotz massiver Hetze in den Medien wurde die Bewegung immer stärker.

Am 30. Oktober griff die Polizei erneut an: Tausende schwerbewaffnete Bundespolizisten mit Helikoptern und Wasserwerfern drangen in die Stadt vor, unterstützt wurden sie dabei erneut von paramilitärischen Gruppen. Noch einmal konnten die Polizeieinheiten nach stundenlangen Kämpfen von der Bevölkerung zurückgeschlagen werden. Am 06. November beteiligten sich 800 000 bis 1 300 000 Menschen an einer Demonstration gegen die Polizeiangriffe und für eine Umsetzung der Forderungen des Aufstandes.
Polizei und Militär gelang es seitdem jedoch Stück für Stück Teile der Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen und Straßensperren im Umland von Oaxaca zu errichten. Sie gehen seitdem brutal gegen alle oppositionellen Organisierungen vor: Weite Teile der Stadt sind militarisiert, überall wird nach AktivistInnen des Aufstandes gefahndet, täglich finden Hausdurchsuchungen und Festnahmen statt, Demonstrationen werden angegriffen, paramilitärische Gruppen führen unter dem Schutz der Polizei Angriffe durch. Zahlreiche Menschen befinden sich in Hochsicherheitsgefängnissen, von dort wird von Folterungen und Übergriffen berichtet, von vielen AktivistInnen ist der Verbleib unklar, sie wurden von Spezialkommandos der Polizei oder von Paramilitärs verschleppt. Selbst MenschenrechtsbeobachterInnen stehen auf schwarzen Listen und sind aus Angst vor Übergriffen und Festnahmen gezwungen sich versteckt zu halten.

Die Menschen in Oaxaca kämpfen jedoch weiter. Sie halten nach wie vor an ihren Forderungen fest und fordern den sofortigen Rückzug der Polizeieinheiten. Sie führen weiter Demonstrationen durch, organisieren sich und diskutieren ihre nächsten Aktivitäten. In Mexiko und weltweit solidarisieren sich Menschen mit den Aufständischen.

Die Nationale Menschenrechtskommission CNDH, eine bundesstaatliche Stelle mit relativer Unabhängigkeit, veröffentlichte einen Bericht zu Oaxaca. Sie bilanziert den Konflikt folgendermassen: “Wir haben 349 verhaftete Personen registriert sowie 370 Verwundete und 20 Verstorbene, von denen 11 in Situationen ihr Leben verloren, die direkt mit den Ereignissen zusammenhängen.” (…) “Die PFP (Bundespolizei) und die weiteren Kräfte, welche zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung intervenierten, machten wiederholt und exzessiv von Gewalt Gebrauch. Als Folge davon wurde das institutionelle, soziale und kulturelle Gefüge im Bundesstaat beschädigt.”

Die bürgerlichen Medien verschwiegen die Proteste weitgehend oder lieferten nur verzerrte Berichte über die Situation in Oaxaca. Es ist daher wichtig, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen um zu verhindern, dass Polizei, Militär und Paramilitärs in Oaxaca weiter gegen die Bevölkerung vorgehen.

Nicht nur weil der deutsche Staat und deutsche Konzerne wie etwa die Südwest LB, die mexikanische Oligarchie unterstützen und so mitverantwortlich für die unzähligen Menschenrechtsverletzungen, die politische Repression und die Morde an Oppositionellen in Mexiko sind, gehen wir hier auf die Straße. Wir solidarisieren uns mit den Kämpfen weltweit gegen Kapitalismus und Krieg – in Mexiko, Nepal, der Türkei, Venezuela und allen Ländern in denen viele Menschen nicht länger bereit sind die Angriffe von Staat und Kapital auf ihre Lebenssituation hin zunehmen, sich dagegen zur Wehr setzen und für eine befreite Gesellschaftsordnung kämpfen!
Der Aufstand in Oaxaca ist ein aktuelles Beispiel für diesen Kampf. Trotz staatlicher Repression, Hetze in den Medien und Beschwichtigungsversuchen machen Hunderttausende dort deutlich: ya basta – es reicht! Sie organisieren sich, schaffen Strukturen um eine Gegenöffentlichkeit und freie Informationen zu gewährleisten, stellen die Autorität der staatlichen Institutionen in Frage und organisieren in ersten Ansätzen die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche selbst. Die Rolle des bürgerlichen Staates wird hier um so deutlicher: Er verteidigt die Interessen der herrschenden Klasse und geht gegen alle vor die diesen entgegenstehen.

Im Infoladen im Subversiv, Benckendorffstr. 4, Stuttgart-Heslach sind Soliplakate erhältlich.

Berichte und Videos direkt aus Oaxaca und von Solidaritätsaktionen gibt es hier:
www.de.indymedia.org
www.chiapas.ch
www.redglobe.de